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Ich mache weiter mit den Esquire-Aufnahmen aus den frühen Fünfzigern … Kenny Graham tauchte gestern schon neben Ronnie Scott auf. Mir war er überhaupt kein Begriff, scheint aber in England ein legendärer Name zu sein. Der Bandname deutet darauf hin, dass er an früh afro-kubanischen Rhythmen Interesse fand, und wie gestern schon erwähnt fast immer mehrere Percussionisten in seiner Band hatte. Dazu kam eine Trompete und oft mehrere tiefe Saxophone (ein oder zwei weitere Tenorsaxophone und ein Barisaxophon).
Es gibt teil-latinisierte Standards und Klassiker („Over the Rainbow“ ist in der Form ungewöhnlich, „I’ll Remember April“ wurde oft mit einem ähnlichen Beat gespielt) oder Originals, die inzwischen auch zu Klassikern wurden Latin-Beats einbeziehen (Kentons „The Peanut Vendor“, Gene Rolands „Jump for Joe“, Charlie Parkers „Barbados“) und durchaus einfallsreiche Originals von Graham („Mango Walk“ oder auch „Kenny’s Jig“, das natürlich mit alten englischen Formen spielt) und auf der zweiten Platte die seitenfüllende „Carribean Suite“ (da ist „Mango Walk“ nochmal drin, neben sieben weiteren Stücken von Graham). In „All the King’s Horses“ (von Noel Gay komponiert) scheint Graham auch schon den „Blues March“ so halb vorwegzunehmen.
Zur Band gehörten fast immer der Trompete Jo Hunter, die halbe Zeit Roy Plummer an der Gitarre, meist Ralph Dollimore am Klavier und wechselnde Bassisten und Drummer (Phil Seamen ist manchmal dabei), zu den anderen Saxophonisten zählen u.a. Joe Temperley, Derek Humble und Pete King (alle ts, as gibt es erst etwas später von Joe Harriott, bari spielen Oscar Birch oder Don Honeywell, die mir gar nichts sagen), unter den Percussionisten ist Ginger Johnson der einzige Name, der mir etwas sagt: 1916 in Nigeria geboren, spielte in den Vierzigern und Fünfzigern auch mit Ronnie Scott (s.o.), später mit Quincy Jones oder den Rolling Stones, starb 1975 in Lagos).
Genuine Latin-Musik ist das natürlich nicht – aber ich find’s ziemlich super. Graham ist ein kompetenter Solist (wer sich mit Ronnie Scott messen kann, muss das sein!) und gibt den anderen auch immer Raum. Vor allem Jo Hunter glänzt immer wieder mit feinen Soli, aber auch Dollimore und Plummer haben gute Momente, die Drummer kriegen Platz und auch ein Bass-Solo ist hie und da drin. Und es gab dann auch tatsächlich mal eine Single, die es bis nach Jamaica schaffte (oben – einen weiteren Eintrag zu dem Label gibt es bei Discogs nicht).
Die Originalcover sind noch generischer als die 80er-LPs, die für die Japan-CDs als Vorlage dienten (dieses Design mit dem liegenden Dreieck hatten wir gestern auch schon bei Scott). Aber hier gibt’s mal ein etwas schöneres:
Zwischendurch gab’s aber auch mal eine hübsche EP:
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba