themagneticfieldMir ist die Argumentationskette auch nicht ganz klar. Dass es (von mir aus auch etliche) Frauen gibt, die es vielleicht toll fanden (sei ihnen unbenommen) oder gar nichts von einem Fehlverhalten bemerkt haben, negiert jetzt all die Stimmen, die vom Gegenteil berichten? Quatsch, oder?
Das habe ich ja auch mit keiner Silbe behauptet. Aber natürlich gehören solche Zeugenaussagen genauso in die Debatte wie die anderen.
nicht_vom_forum
bullittMich interessieren in solchen Fällen von Spacey bis Depp, von Kliemann über Mockridge bis Schweiger primär sehr die Mechanismen von Empörungsjournalismus, dazugehöriger Erregungsbereitschaft und die Frage, wie dadurch Vertrauen in Medien erodiert, wenn sich Ergebnisse behördlicher Ermittlungen kaum bis gar nicht mehr mit schrillen Berichterstattungen im Vorfeld decken.
Mich interessiert in jedem dieser Fälle weit mehr, ob es Fehlverhalten gab oder nicht und dass es (gegebenenfalls) künftig nicht mehr stattfindet. Die Berichterstattung ind die öffentliche Reaktion sind für mich davon völlig unabhängige Aspekte.
Ja, zwei Aspekte und mich interessiert besonders der andere, mal abgesehen davon, dass ich natürlich ein grundsätzliches Interesse daran habe, dass es keine Straftaten gibt.
(Und ja, die öffentliche Reaktion ist in vielen Fällen nicht gut.) Ich finde allerdings das Fokussieren auf die behördlichen Ermittlungen und/oder auf Prozesse falsch. Es muss doch noch eine Ebene für kritikwürdiges oder inakzeptables Verhalten oberhalb der Strafbarkeit geben (Das gilt beispielsweise auch für die TOS der Social-Media-Anbieter oder die Moderation hier). Zum einen, weil nicht alles durch das StGB geregelt werden kann[1], zum zweiten, weil nicht jeder Konflikt gleich mittels der Staatsanwaltschaft gelöst werden kann und sollte[2] und last, not least, weil nur diese Ebene Grenzüberschreitungen und ein Testen, Ausprobieren und Überschreiten von gesellschaftlichen Grenzen überhaupt zulässt.
Naja eben drum. Deshalb sollte man die juristische Seite ja auch zwingend von der moralischen trennen. Das Gegenteil ist der Fall und das nicht ohne Grund. Den lächerlichen Topos von „Groupies“ als ahnungslose Opfer oder vermeintlich machtlosen Influencerinnen könnte an ohne den „crime“-Aspekt ja gar nicht ausspielen. Vergewaltigung und das heimliche Verabreichen von Drogen sind klar durch das StGB geregelt, wie oft und von wem sich Lindemann während der Show einen blasen lassen darf halt nicht. Darf jeder anrüchig oder verwerflich finden, mehr aber auch nicht (solange es sich um einvernehmliche sexuelle Kontakte unter Volljährigen handelt!)
Blöd nur, dass es parallel im Netz auch solche Stimmen junger Frauen und Zeuginnen aus der Row Zero gibt, die ein gänzlich anderes Bild zeichnen und dabei deutlich integrer und reflektierter wirken, als Lynn oder Shyx.
Ob das Interview integrer oder reflektierter als das Shyx-Video ist, liegt wahrscheinlich im Auge des Betrachters, aber: Es widerspricht doch nichts von dem, was die Frau beschreibt, den Darstellungen von Lynn und Shyx.
Ähm, zwei junge Frauen zeigen sich „geschockt“ von der Lynns Darstellung, sprechen sehr sachlich von einer Restriktion von Freiheiten für Frauen, kritisieren das Framing deutscher Medien und Politiker und erklären das Prinzip der Row Zero als gängiges und harmloses PR-Tool in der Medienbranche, mit dem quasi Influencer und Stars Fame gegen Fame tauschen. Es habe keinerlei Druck Backstage geherrscht, Getränke seien stets verschlossen gewesen, man sei keineswegs zu Alkohol genötigt worden etc. Dazu Videos einer verhaltensauffälligen Lynn an diesem Abend, die unter allen möglichen Drogen zu stehen scheint – außer Benzos. Ist nicht meine Aufgabe das zu bewerten, aber ich hätte vor Gericht an Lynns Stelle ungerne noch mehr Zeuginnen wie Julia und ich halte es für völlig inakzeptabel, dass solche Stimmen komplett ausgeblendet werden, nur damit man ungestört Headlines vom „perversen Groupie-System“ auf den Titel packen kann.
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