Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

#12087269  | PERMALINK

vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

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gypsy-tail-wind
Ich bleibe noch ein wenig bei Hawes – und ich hab zwar geringere Time-Irritationen hier, aber ganz weg sind sie nicht, was ein Indiz ist, dass es teils wirklich mit Hawes selbst zu tun hat. Hier ist der ex-Evans-Bassist Chuck Israels dabei, dazu Donald Bailey, wegen dem ich die CD-Ausgabe des Albums vor ein paar Monaten mal gekauft habe … Das gefällt mir nochmal ein ganzes Stück besser, und das hat mit Israels/Bailey zu tun: ein tieferer, weiter ausschwingender Bass (Montgomery spielt auch akustisch auf „Green Leaves“ – „in the last year Monk has been concentrating on string bass again“ schreibt Koenig in den Liner Notes) und ein ähnlich eigenwilliger oder noch eigenwilligerer Drummer, der zwar einerseits einen Flow erzeugt, aber diesen auch kontinuierlich unterwandert, als würde er gegen sich selber anspielen, eine Art Dialog der Obstruktion führen. Und am wichtigsten: auch Hawes gefällt mir da dann oft noch etwas besser.

den direktvergleich (kalifornien/schwarzwald) muss ich auch noch mal machen, aber ich hab das ja so formuliert, dass hawes hier alles hat, was ich an evans mag, und dazu noch das, was mir bei evans fehlt – und damit meinte ich, dass es weniger technisch swingt, körperlicher daherkommt, mit mehr risiko auch. bailey arbeitet für meine ohren überhaupt nicht dagegen, nur sind seine mittel andere als bei klassischeren drummern. und israels, den ich bei evans furchtbar langweilig finde, ist hier richtig gut.

ich bin gerade hier, eins von drei flanagan-alben, die ich mir in letzter zeit angeschafft habe:

tommy flanagan, george mraz, connie kay, helen merrill, plays the music of harold arlen (1979)

merrill fängt in new york wieder bei null an und produziert zwischenzeitlich tommy flanagan für ein japanisches publikum. große eleganz, denkt man, vor allem mit kay als drummer und dem arlen-programm, aber das ist dann doch ein ganz schön aufgekraztes date, mehr powell als tatum, zumindest im fließenden wechsel, und da hat der toningenieur ein bisschen mitschuld. david bakers aufnahmen sind ja meist sehr trocken, dafür aber auch sehr lebendig und ein bisschen dreckig, da kriegt sogar das ride-becken von connie kay ungewohnte schärfe, auch wenn es nicht zum schweben kommt. ich finde das sehr toll, es ist manchmal schon ein kleiner vorlauf zum jarrett-standard-trio (vor allem im opener), aber eigentlich ganz alte, selbst gebaute schule. und in japan musste man sich ende der 70er wohl nicht für diese art der musik rechtfertigen.

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