Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Ich bleibe noch ein wenig bei Hawes – und ich hab zwar geringere Time-Irritationen hier, aber ganz weg sind sie nicht, was ein Indiz ist, dass es teils wirklich mit Hawes selbst zu tun hat. Hier ist der ex-Evans-Bassist Chuck Israels dabei, dazu Donald Bailey, wegen dem ich die CD-Ausgabe des Albums vor ein paar Monaten mal gekauft habe (ähm, 23 sagt Discogs … das ist ja praktisch, wenn man dort einkauft – hab niemals meine ganze Sammlung dort vermerkt, aber die neuen Einkäufe über Discogs selbst natürlich schon – und seit 2020 ist Zeit eh irgendwie irrelevant geworden). Das gefällt mir nochmal ein ganzes Stück besser, und das hat mit Israels/Bailey zu tun: ein tieferer, weiter ausschwingender Bass (Montgomery spielt auch akustisch auf „Green Leaves“ – „in the last year Monk has been concentrating on string bass again“ schreibt Koenig in den Liner Notes) und ein ähnlich eigenwilliger oder noch eigenwilligerer Drummer, der zwar einerseits einen Flow erzeugt, aber diesen auch kontinuierlich unterwandert, als würde er gegen sich selber anspielen, eine Art Dialog der Obstruktion führen. Und am wichtigsten: auch Hawes gefällt mir da dann oft noch etwas besser. Eins meiner Highlights ist „Dear Heart“, das gemäss den Liner Notes (wieder Koenig, doch für die Kommentare zu den Songs gibt er alle Kommentare als langes Hawes-Zitat aus) bei den Sessions zunächst als Ballade Form angenommen habe („We got into this one on the record date.“ verstehe ich als: da Stück entstand bei der Session) – „but after we played it for a while it ended up more or less free.“ Free Jazz ist das natürlich absolut nicht, aber ein überaus faszinierendes, in alle Richtungen offenes Stück. „The Girl from Ipanema“ klappt etwas weniger gut, aber das Album als ganzes ist wirklich stark! Auch ein tolles Programm, finde ich, das mit den drei folgenden Songs endet: „People“, „Chim Chim Cheree“ und „The Days of Wine and Roses“.

„What Kind of Fool am I“ – im praktisch identischen Tempo:

1965 in L.A.:

1968 im Schwarzwald:

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