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Anonym
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Zum Spiegel-Artikel: Aussagekräftiger als die Überschrift ist der Text, ein sehr langes Stück, recherchiert von einem 13köpfigen Team und zumindest momentan nicht hinter einer Bezahlschranke, sondern frei oben auf spiegel.de.
Vieles darin ist Zusammenfassung und mehr oder weniger feuilletonistische Reflexion, interessant für Leute, die bisher gar nichts zum Thema gelesen haben, eher nur zum Überfliegen geeignet für alle, die den Fall bislang intensiv beobachtet haben.
Der Spiegel hat mit insgesamt zwölf der Frauen gesprochen, alle beschreiben ähnliches, einige haben eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Mein Eindruck nach der Lektüre: Kayla Shyx hat – sofern man den Berichten der anderen Frauen glaubt und nicht komplett alle als Phantastinnen abtut – das System in ihrem Video außerordentlich präzise, scharfsichtig und korrekt beschrieben.
Markante Aussagen:
Shelby Lynn hat gegenüber dem Spiegel bestätigt, dass sie „gespiked“ worden sei.
Eine Zoe sagt, sie wisse nicht genau, was geschehen sei. Sie sei jedenfalls „gewürgt“ worden und beim Sex mit Lindemann „umgefallen“. Ob sie ganz bei sich, nur halb bei Bewusstsein, halb betäubt oder unter Drogen war, geht aus der Schilderung nicht klar hervor. Jedenfalls habe sie nach dem Sex mit Lindemann tagelang starke Blutungen gehabt. Sie sagt: „Ich habe mich selbst in diese Situation begeben.“ Gleichzeitig ist ihr anzuhören, dass ihr die Situation völlig entglitten ist.
Eine Anna spricht von viel Wodka und lückenhaften Erinnerungen. Sie sei zwischenzeitlich weggetreten gewesen. Als sie zu sich gekommen sei, habe Lindemann auf ihr gelegen. „Als er gemerkt hat, dass ich aufgewacht bin, hat er gefragt, ob er aufhören soll.“ Sie wisse nicht genau, was geschehen sei.
Eine Sophie W., die der Spiegel als zeitweise dem Inner Circle der Band zugehörig beschreibt, spricht von einem „System“, bei dem „falsche Vorwände“ und viel Alkohol, der den jungen Frauen schon bei der Preparty vor dem Konzert massenhaft zur Verfügung gestellt wurde, eine Rolle gespielt hätten. Viele hätten gewusst, was da läuft. Die Frauen, die zunächst gecastet, letztlich aber nicht in dem von Kayla Shyx beschriebenen Verfahren Lindemann persönlich zugeführt wurden, blieben in der Regel bei der offiziellen Aftershowparty. Bei ihnen hätten dann oft Crew-Mitglieder zu landen versucht und von „Resteficken“ gesprochen. Makeeva sei im Übrigen „nicht die einzige“ gewesen, die in dieser Logistik Lindemann zugearbeitet habe.
Weil hier gerne zwischen juristischer und moralischer Betrachtungsweise unterschieden wird:
Rechtlich hat sich hier offenbar vieles in einer Grauzone abgespielt – bis wo das Einvernehmen ging, wo der Missbrauch begann: Auf der Grundlage des Spiegeltextes ist das schwer zu entscheiden. Und was als Missbrauchstatbestand juristisch wasserdicht nachweisbar wäre, ist noch mal eine andere Frage. Klar ist aber: Manches, was da beschrieben wird, dürfte – sofern es sich bewiesen ließe – einschlägige juristische Tatbestände erfüllen. Sich auf eine Schlafende oder Weggetretene zu legen und dann was auch immer mit ihr zu machen, scheint mir jedenfalls auch rein rechtlich nicht im entferntesten vertretbar.
Die moralische Wertung fällt leichter: Das System, das hier doch recht gründlich, plausibel und über viele Zeuginnenaussagen abgesichert beschrieben wird, ist zutiefst widerwärtig.
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