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Ich mag Paycheck. Sein Leben war von Tragik, Exzess, Gewalt und Sucht gezeichnet, eine Achterbahn mit vielen Talsohlen und wenig Gipfeln, in seiner Musik, in seiner großartigen, von heartache, pain and regret durchtränkten Stimme kann man davon viel erfahren. Ein ganz großes, makelloses Album ist ihm wohl nie gelungen, aber ich finde immer wieder ganz bewegende, nahezu brutal emotionale Stellen auf allen (immerhin 8) LPs, die ich mittlerweile kenne. Er hat in den 60s einige sehr ordentliche harcore honky tonk-Singles und Alben veröffentlicht, auf denen sich zwar auch mal durchschnittliches oder zweifelhaftes findet, die aber vor dem Hintergrund der damals marktbeherrschenden Verzuckerungen Respekt verdienen (At Carnegie Hall, Jukebox Charlie, The Lovin‘ Machine…), alle für mich ca. im Bereich ***1/2, einzelne Tracks aber deutlich stärker. Wer ganz zielsicher vorgehen will, wird sich auf die paar exzellenten Singles konzentrieren – dem würden dann aber – auch im wörtlichen Sinne – Killer-Tracks wie „Miller’s Cave“ oder „I’ve Got Someone To Kill“ entgehen.
In den 70s hat er sich dann, meines Wissens noch bevor George Jones mit ähnlichem, aber herausragenderem Output erfolgreich wurde, dem Countrypolitan-Sound von Billy Sherrill ergeben. „She’s All I Got“ (Ohrwurm!) ist hörenswert, wenn man popnahen Country mit Streichern und Chören nicht generell verdammt, auf „Take This Job And Shove It“ (mit seinem größten Hit) sind immerhin noch einige Tracks, die seine stimmliche Brillanz voll zur Geltung bringen. Hände weg von „armed and crazy“, Sherrills groteskem Versuch eines, tja, hard rock outlaw country-Albums. Mein liebstes Album von ihm ist das Tribut „Mr. Hag told my life“, das mit den Strangers eingespielt wurde (auch mit einigen Duetten mit Hag himself). Diese tiefe und tiefempfundene Verbeugung vor meinem Avatar zieht mir immer wieder die boots aus vor Rührung. Aus den 80ern ist auch das produktionstechnisch leider etwas arg zeitgeistige „Modern Times“ zumindest einen Versuch wert, insbesondere der Track „old violin“ hat es mir angetan.
Auch wenn man es in seinen Aufnahmen vielleicht des öfteren als zu dick aufgetragen und geradezu emotional aufdringlich empfinden mag: Ich kenne kaum einen Country-Sänger/Songwriter, der murder-, jail house– und bar room-Songs wahrhaftiger interpretieren konnte, und das will bei diesem Genre schon was heißen.
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I like to move it, move it Ya like to (move it)