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irrlichtZu Dahl. Das ist der Unterschied zwischen Einordnung und Zensur, den ich unten angesprochen habe, weshalb ich hier auch froh bin, dass der Aufschrei entsprechend groß ist. Ich finde, es ist vollkommen korrekt, stark rassistische oder antisemetische Stereotype bspw. in Bücher und insbesondere Kinderbüchern zu kontextualisieren und in wenigen Einzelfällen auch sprachlich anzupassen. Was hier versucht wird, ist hingegen eine komplette Vermeidung von Diskriminierung. „Fat“ wird „enormous“ (was ich eher noch negativer finde, mich erinnert es an den Vorschlag, von „Menschen mit Behinderung“ auf „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ überzugehen, hat sich m.W. so nicht durchgesetzt), „Kassiererinnnen“ werden zu „Wissenschaftlerinnen“ usw. Das sind in dem Kontext sehr sozialkonstruktivistische Ansätze: Sprache schafft Realität, also ändern wir die Sprache, dann ändert sich die Realität. In dieser gedanklichen Verkürzung ist das natürlich blanker Unsinn und öffnet Tür und Tor für praktische jede Form der Zensur. Dann dürfen in Kriminalromanen keine Frauen mehr ermordet werde, weil es Gewalt reproduziert, Mobbing auf Basis von Körpermerkmalen gibt es formal nicht mehr, Minderheiten dürfen ausschließlich als gut dargestellt werden usw. Bei dem Dilbert-Comic sehe ich es etwas anders, hier entscheiden sich Verlage auf Basis aktueller Aussagen einen Künstler nicht mehr zu unterstützen, was ihr gutes Recht ist.
Da sind wir mal wieder bei den grundlegenden Überlegungen zu einem Künstler: macht der Künstler das Werk schlecht? Bei Dahl und Dilbert habe ich bis jetzt nicht unbedingt mitbekommen, dass sich die Haltungen in ihren Werken widerspiegeln (diss: bei Puffin hätten sensitivity readers wohl auch keine antisemitischen Spuren in Dahls Texten entdecken können). Also nicht mehr konsumieren oder sogar für Verbot oder zumindest Entfernung aus dem öffentlichen Raum plädieren? Für mich persönlich ist ein Werk „erträglich“, wenn es nicht die extremen politischen Ansichten der Autoren widerspiegelt (und ja, Adams fällt seit einiger Zeit als Schwurbler auf). Also: Möge die von Karel Gott besungene Biene Maja weiter über Bildschirme fliegen, das Bonsels Buch sollte man als das benennen, was es ist: beinharte völkische Literatur.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.