Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism … Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

#12003265  | PERMALINK

irrlicht
Nihil

Registriert seit: 08.07.2007

Beiträge: 31,445

@latho

Ein Aspekt, den man vielleicht auch nicht unterschlagen darf, ist die Menge an Trollaccounts, die immer wieder aufgefahren werden, um absurde Hufeisentheorien aufzuzeigen, oft sind das false balance Annahmen, schon alleine durch den Umstand, dass die Lager oft aus völlig unterschiedlichen Ambitionen heraus operieren. Womit ich nicht sagen will, dass Rowling keine Drohungen bekommen hat, das hat sie sicher. Niemand ist unpolitisch, aber nach meinem Empfinden lässt sich auch der Twitter-Aktivismus vieler auf simple Slogans runterbrechen („Deutschland ist ein Patriarchat“, „Geschlecht ist sozial konstruiert“, „Kapitalismus als Wurzel allen Übels“, „Wir hassen die AfD“ usw.), inhaltliche Bildung und fundierte Kritik sieht tatsächlich anders aus.

Trotz mancher Redundanz fand ich das Dokument immerhin überzeugend genug dahingehend, als dass Rowling sehr klar Position gegen die Community bezieht. Mit Benefit oft the doubt könnte man argumentieren, dass ihr die Rechte von Cis Frauen stärker ein Anliegen sind. Ich habe aber dazu ja vor dem zitierten Beitrag schon Artikel gepostet, die auch aufzeigen, wie stark diese Position mit politischen Bestrebungen der Gegenwart Hand in Hand geht. Das finde ich für die Einordnung der Statements doch wichtig.

Und hierzu:

[…]der Rest der Welt sieht das eher mit Befremden (und nicht nur die Welt, auch ältere Transsexuelle fühlen sich da in gewisser Weise „beraubt“, wie ich gelesen habe). Auf social media, mit der zwangsläufigen Vereinfachung wird das ganze zum Slogan „trans women are women“. Das ist natürlich nicht verkehrt, aber der Satz „Deutschland ist ein Bundestaat“ erklärt auch nicht alle Feinheiten des Staatswesens. Natürlich sind Transfrauen Frauen (die Umkehr mit Transmännern immer mitgedacht), aber sie sind eben auch Transfrauen, also biologisch tragischerweise Männer und haben zB. deswegen spezielle Bedürfnisse (also zB Hormontherapien, die von der Krankenkasse gezahlt werden). Würde das Thema etwas komplexer diskutiert werden, wäre in meinen Augen schon einiges gewonnen. So ist es ein Slogan, dem man entweder zustimmt oder ablehnt (Rowling hat dazu ein „ja, aber“ geäußert, wenn ich mich richtig erinnere) und wenn ich nicht zustimme (oder die Umkehr in konservativen Kreisen, nicht ablehne) kommt die große Cancel-Keule, bzw eben vieltausendfaches Getöse plus Druck auf Verlage plus Morddrohungen. Ich kann Rowling zumindest insoweit verstehen, als dass ein ungeprüftes, einfaches Wechseln des geschlechtlichen Status zu Problemen führen kann.“

Ich habe auch schon vereinzelte Stimmen aus der Trans-Community gehört, etwa von PersiaX, die sich sehr klar für Rowling ausgesprochen haben und dem woken Flügel der queeren Bewegung sehr, sehr kritisch gegenüberstehen, sich selbst als Transsexuelle definieren (was viele ablehnen, geläufig ist heute eher „Transidentität“) und „Non Binary“ für ein Geschlechterrollen eher verfestigendes Konstrukt von Postmodernisten halten. Dass manche Twitter-Kinder Schnappatmung bekommen, wenn überhaupt Differenzen zwischen Geschlechtern aufgezeigt werden (Biologismus! Nazis!) ist nicht neu, aber natürlich ist das Argument von strategischem Dog Whistling eben auch korrekt. Oft sind es die immer gleichen Einzelfälle, die zu Einfallstoren für Schmutz werden („Unsere Kinder!“, „Was ist mit der Fairness im Sport!“, „Frauen in Umkleiden!“). Klar, sind das alles Fälle, die besser thematisiert gehören, aber eben nicht von Udo, 58, der sich die letzten 58 Jahre nie für Frauensport interessiert hat. Und auch immer wichtig: Wir reden immernoch von einer winzigen Minderheit. Mich erinnert das oft an die antisemetische Elitenrhetorik, absurd, vor dem Hintergrund eines Bevölkerungsanteils von etwa 0,1%.

--

Hold on Magnolia to that great highway moon