Re: TZ – Missionar – Das Dritte Ohr (MitchRyder)

#1198157  | PERMALINK

atahualpa

Registriert seit: 08.07.2002

Beiträge: 1,224

So, hier nun einmal meine Eindrücke zu deiner Missionars CD:

Vorweg, wie du vielleicht schon bei diversen anderen Threads gemerkt hast, haben wir ja schon eine andere Zugangsweise was Musik betrifft. Blues ist für mich mit Sicherheit nicht die Musik mit dem Stellenwert, wie sie für dich einen Platz im Leben hat. Auch als Seelentröster nehme ich dann doch andere Dinge, entweder so etwas wie The Cure und Joy Division waren da meine bevorzugten Sachen, aber auch Prog-Rock a la Genesis (Mit Gabriel) und Marillion. Vielleicht etwas verwunderlich für dich, aber so ist es nun mal.

Wenn ich Blues höre, dann meistens keinen reinen Blues, mehr bluesverwandte Musik die den Blues als Grundlage nehmen. Z.B. so etwas wie die Gary Floyd Band. Aber wenn es schon reiner Blues ist, dann sumpfig, dreckig, bodenständig und nicht so etwas wie Designerblues. Dementsprechend gefällt mir das, was das dritte Ohr so musikalisch fabriziert eigentlich ganz gut. Der Blues, also das Gefühl kommt für mich durchaus authentisch rüber, es klingt kein bisschen „teutonisch“, wenn da jemand anderes singen würde, in Englisch, es würde wohl keiner auf die Idee kommen es spielt da eine deutsch Band.

Warum habe ich mich trotzdem recht schwer getan?
Größtes Problem hier war bei mir die Stimme, mit der ich zu Anfang wirklich immense Probleme hatte, mittlerweile geht es einigermaßen.
Daher muss ich sagen, die CD war schon interessant, ich habe sie mir auch gebrannt und werde hin und wieder das ein oder andere Stück hören, so richtig heimisch bin ich mit der Musik aber nicht geworden. Mal sehen was die Zukunft bringt. Alles in allem also recht interessant, bei den ersten acht Stücken will ich aber noch genauer eingehen. Danach würde ich mich nur wiederholen, bei diversen Stücken gibt es aber noch zusätzliche Anmerkungen.

Böses ist dem Blues passiert
Tja, der Text stimmt eigentlich wirklich, denn die weichgespülte Bluesvariante (Im Text so schön als Cola Light betitelt) gibt es ja wirklich immer mehr. Da wo Blues ich sage immer wieder „dreckig“ gespielt werden muss, wie schon oben von mir erwähnt gibt es die Designerfraktion, die alles weichspült, aber damit leider auch jede Art von Gefühl mit wegwischt, zumindest einen großen Teil des Gefühls, welches bei mir so eine Art von Musik erzeugen soll. Das Stück an sich ist ja sehr spartanisch, hier gefällt mir sogar die Stimme, mit der ich wirklich Schwierigkeiten hatte einigermaßen. Dieser raue Sprechgesang, hier mehr Sprechen als Singen passt in diesem Stück schon ganz gut.

Hast du?
Im Grunde genommen ähnlich wie der Vorgänger aufgebaut, natürlich nicht ganz so spartanisch. Ein sehr dezenter und leiser Basslauf im Hintergrund, ebenso dezent mit dem Schlagzeug begleitet bereitet einen schönen beinahe hypnotisch zu nennenden Groove, zu dem es durchaus gefühlvolle Gitarren- bzw. Vocalparts gibt. Musik für späte Abendstunden, ich könnte mir auch einen Spaziergang mit Walkman und diesem Stück durch das nächtliche Städchen vorstellen.

Getränksmann-Blues
Es wird weiterhin lebendiger. Auch hier muss ich sagen, die Instrumentierung und das Handwerk sind schon sehr stimmig. Allerdings habe ich gerade auch bei diesem Stück so meine Probleme mit der Stimme. Das liegt nicht daran, dass der Sänger schlecht ist. Nein, die verbrauchte Stimme ist ja passend und vermittelt im Zusammenhang mit der Musik schon dass richtige Feeling. Nur ist die Art der Betonung für mich zu gewollt, es klingt ein wenig angestrengt, so als ob er die Stimme verstellt. Die Musik hingegen gefällt eigentlich wieder. Solider und auch authentisch klingender Blues. Vor allem das Ende des Stückes bietet einiges.

Das alte Leid
Im Grunde genommen bringt der Song so ziemlich das, was der Vorgänger mir vermittelt. Außer dem Text finde ich sind die Stücke ähnlich. Was mir hier auffällt ist, dass dadurch dass ich sehr wenig Bluesmusik höre, mir natürlich auch die Nuancen, die dir auffallen werden entgehen. So wie wohl bei dir ebenfalls, wenn du Musik hörst, mit der du dich weniger beschäftigst oder die du nicht magst.

Diese Lächeln
Das Stück hat einen schönen Anfang. Ich weis nicht warum, aber diese leise Gitarre nimmt mich schon gefangen. Sehr dezent gespielt mit viel Gefühl. Das Klischee passt natürlich wunderbar hier: Ein leiser Bluessong und wieder einmal ein Lied über eine zerbrochene Beziehung. Leider auch hier: Ich habe mein Problem mit der Stimme. Aber dann kommt das ebenfalls sehr leise gespielte Saxophonintermezzo und macht aus diesem Song meinen Favoriten auf dieser CD.

Was ist zu tun?
Sehr ähnlich wie Song 1 auf der CD, was Stimmung und natürlich Vortrag und Aufbau betrifft. Spartanisch. Auch ein schöner Text. Nach so mancher durchzechten Nacht hat man wohl ähnliches in seinem Spiegel betrachtet.

Wer nun den lieben langen Tag + Banken sind so
Der Anfang sagt mir nicht zu. Vor allem die Art und Weise, wie die Stimme abgemischt ist. Klingt fast Vocoderartig und das passt zu dieser Musik irgendwie nicht. Der Rest, also Stück Nummer 8 ist in Ordnung.

So, stimmungsmäßig ist nach Song 8 bei mir so ziemlich die gesamte Palette abgedeckt, (Bis auf dass mehr schnellere Sachen im weiteren Verlauf auftauchen, da gehe ich noch ein wenig detaillierter drauf ein.), die auf deiner CD vorherrschen. Da würde ich mich jetzt wie oben erwähnt nur wiederholen. Und um supergenau auf die einzelnen Stücke einzugehen, dafür habe ich was Blues betrifft zu wenig Ahnung. Mir fällt auf jeden Fall auf das deine CD durchgehend eine ähnliche Stimmung verbreitet, der gespielte Blues ist meist schön im ruhigeren Tempo angesiedelt, die Instrumente oder besser gesagt die Spieler können diese leisen Töne aber auch sehr schön vermitteln. So dass sich auch bei mir Gefühl entwickeln kann. Meistens geht das bei mir in die Richtung des oben beschriebenen Nachtspaziergangs durch die Stadt. Das wäre schon passende Musik für Walkmansessions, die dunklen beleuchteten Gassen und Straßen, am Besten nach einem Regenschauer, noch nass, deswegen die Lichtreflexe überall. Und der Geruch der Luft nach einem reinigenden Schauer.

Abschließend noch die Songs nach Nummer 8, die mir besser bzw. weniger gefallen hatten:

Besser:
Deine Augen
Kein Pfand auf Magenbitter:
(Diesmal etwas lebendiger, wegen der stärker aufspielenden Rhythmussektion)
Zahltag:
(Noch schneller, gut positioniert, da nach den vielen langsamen Stücken ein schnelleres durchaus für Abwechslung sorgt. Hat etwas mitreißendes, aber der text ist nicht so mein Ding.)
Morgenstund hat Blei im Mund:
(Auch wenn die Mikros garantiert nicht einfach so mitgelaufen sind und das alles einstudiert war ganz amüsant. Und der Titel passt.)
Nicht mein Tag:
(Nette Überleitung vom Text des Gesprächs vorher zu diesem Text hin. Wieder ein lebendigeres Stück.)

Nicht so zugesagt:
Wovon auch?:
(Klingt wie so ein Fernsehpredigerding.)
Schwarzer Wurm
Kalte Wut:
(Auch wenn gut gespielt, die Gitarre jault mir hier doch etwas zu sehr.)
Ain´t gonna write no more rubbish +Night of the nights:
Warum plötzlich englisch? O.K., machen ja viele Bands hier in Deutschland. Nur machen viele auch den Fehler so zu klingen wie deutsche die englisch singen wollen. Und dann sollte man doch besser bei der Muttersprache bleiben, da man dann ohnehin besseres zustande bringt. Bestes Beispiel: Element of Crime.

Viele Grüße, BB

--