Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Über die Klasse der Klassik › Ich höre gerade … klassische Musik! › Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!
Anonym
Registriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
@gypsy-tail-wind Zum „Paulus“ – ja, die Einspielung von Rafael Frühbeck de Burgos ist wohl meine liebste (ebenso hörenswert auch sein „Elias“), das hat aber wohl persönliche Gründe. Sonst kenne ich – von Dir – noch Herreweghe und Bernius, wahrlich keine schlechten Adressen. Aber Frühbeck de Burgos bringt mir im expressiven Paulus, nun ja, genau das Feuer, das diese „Geschichte“ für Mendelssohn zu haben schien.
Keine Ahnung, warum mir heute beim Morgenspaziergang Manuel Hidalgo einfiel. Ein spanischer Komponist, geb. 1954, den ich einmal Mitte der 90er wohl im Autoradio gehört habe. Und zwar den „Heiligen Dankgesang“, eine Bearbeitung des gleichnamigen Satzes von Beethovens a-moll-Quartett op. 132 für gemischten Chor. Das war derart einnehmend, dass man leicht von der Fahrbahn abkommen konnte und die Kiste vor eine Säule oder dergleichen hätte setzen können. Damals hatte ich schon nach einer Einspielung gesucht – und es scheint bis heute keine zu geben. Aber dies:
Nur als mp3-Album, das schien mir als Wagnis vertretbar. Und nach dem ersten Hören wieder gefesselt, vor allem bei der Bearbeitung der „Großen Fuge“ für Orchester. Beim „Ciclus von Kleinigkeiten“ für Streichorchester, eine Bearbeitung der späten Klavierbagatellen von Beethoven stellte ich mir dann besonders die Frage: Wie soll man das eigentlich hören? Immer mit dem Original im Hinterkopf, also vergleichend? Oder mal so tun, als seien das selbst wirklich originale Kompositionen, was sie einerseits natürlich sind, andererseits eben haben sie nun einmal diesen ständigen „Bezug“. Soll man sich mit Zenders Wort von der „komponierten Interpretation“ zerebral behelfen? – Die anderen Werke stammen von Hidalgo selbst, also ohne weiteren Bearbeitungsbezug, und zogen mich beim ersten Hören auch auf ihre Seite.
Ansonsten hat in den letzten Tagen die nächste Mahler-Phase eingesetzt. Nach lange zurückliegender Absprache mit @soulpope habe ich endlich bestellt und ist eingetroffen:
Zu einem obszön niedrigem Preis. Bei dem Wert … Daraus bisher die gefühlt sehr langsam genommene 1. Symphonie, von beeindruckendem Zusammenhalten aller Stimmen. Da steht mir also noch einiges bevor, das wird dauern. Ohnehin habe ich das Gefühl, dass ich alle paar Jahre mit Mahler von vorne beginnen muss. Genau genommen kann einem das mit jedem Werk so gehen, persönliche Entwicklung, Ausbau und Auffächerung der eigenen Hörmöglichkeiten und so etwas. Aber ich meine gar nicht so sehr dieses Subjektive – bei Mahler scheint mir das – also für mich – objektiv im Werk angelegt zu sein.
Noch zur 1. Symphonie, weil ich nämlich bei der Tennstedt-Gelegenheit mir endlich Barbirollis 9. besorgt habe:
5, 6 und die Lieder habe ich zwar schon, aber da ich nach einer Mahler-Sendung mit Michael Stegemann, die ich hier irgendwann mal erwähnt habe, genauso überzeugt war von Barbirollis 9., wie Stegemann das nahegelegt hatte … Und jetzt wage ich mich kaum an dieses schöne Monstrum. Aber die 1. habe ich zum Vergleich mit Tennstedt gehört. Barbirolli viel zügiger, punktueller in der Hervorhebung der Instrumente(ngruppen) und vor allem aber dies: Im „Frère Jacques“-Teil leiert das Orchester wirklich und so muss man sich das wohl auch vorstellen: Eine böhmische Dorfkapelle, die hinter einem Sarg herwackelt. Ich kann mich nicht erinnern, dass so deutlich in einer anderen Einspielung gehört zu haben. Gielen hat einmal die Vermutung geäußert, dass die heutigen, hochgradig fein ausgebildeten Musiker das gar nicht könnten, eben weil sie so auf Sauberkeit ausgerichtet sind.
Wie auch immer, heute Abend gibt es noch die 4. Symphonie mit Tennstedt.
--