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… und schon sind da Überschneidungen
Vorhin hörte ich Irene Krals hervorragendes Album mit der Big Band von Herb Pomeroy – und las in den Liner Notes, dass sie die Schwester von Roy Kral von Jackie & Roy war – was ja bei mir eine komplette Leerstelle ist. Aber Irene Krals „The Band and I“ gehört unbedingt in die Geheimtipps-Liste:
Die Band ist klasse, das Repertoire exquisit, und Kral hatte ein paar sehr lehrreiche Monate mit der (sehr lauten) Big Band von Maynard Ferguson hinter sich, wie sie in Dom Cerullis Liner Notes sagt, in denen sie sehr viel gelernt habe: „it really taught me how to listen for relative pitch and intonation … It gave me a better sense of time, and really taught me how to holler.“
Jetzt nehme ich einen neuen Anlauf mit Claire Austin, dem CD-Twofer, der neben dem Album, als dessen Reissue die CD daherkommt, auch noch das 10″-Album „Claire Austin Sings the Blues with Kid Ory“ enthält:
Hier ist „holler“ oder eher „belt“ auch passend – das ist Bluesgesang von der alten Sorte, voluminös, stark – und sehr beeindruckend. Im zuerst zu hörenden, aber etwas später aufgenommenen, 12″-Album ist Bob Scobey an der Trompete als Bläser dabei (Lu Watters‘ Yerba Buena Jazz Band, Turk Murphy – die kalifornische Trad-Szene halt, der besonders Contemporary auf seinem Nebenlabel „Good Time Jazz“ eine Plattform bot), dazu ein hervorragender Barney Kessel an der Gitarre, Stan Wrightsman am Klavier, Morty Corb am Bass (beide auch klar bzw. eher in Trad-Kreisen aktiv, auch in Studio-Orchestern, Swing-Bands, Corb von Ory über Goodman bis zu Krupa, Bellson usw.) und Shelly Manne am Schlagzeug. Das sind alles Weisse – und klar, auch Claire Austin ist – bei der Stimme und dem Gesangsstil wirklich überraschend – eine Weisse (mit Schwedisch-Amerikanischen Eltern) – und eben „one of the great blues singers of our time, in the classic tradition of Ma Rainey and Bessie Smith“, wie Lester Koenig mit viel Hyperbole schreibt (wenn die Produzenten die Liner Notes schreiben, ist das ja eher die Regel als die Ausnahme).
Claire was born Augusta Johnson in Yakima, Washington, November 21, 1918, and moved to Tacoma in 1926, then Seattle in 1931. Her interest in music began early. She studied piano and dancing, and in high school became interested in drama. During her senior year she sang alto in the school choir and first soprano in her church choir. She wanted to to the University of Washington, but her father said no. So, with the end of school in June, 1936, she thought of singing as a career, and haunted an agent’s office until he booked her into The Oasis, a large nightclub on the edge of town. Her parents, who neither drank nor smoked, and had never seen the inside of a night club, were horrified. But Claire persuaded them she could always quit if she didn’t like the place.
The Oasis job lasted six weeks. The house band, led by pianist Gene Smith, was composed of young musicians who were interested in jazz, and with them Claire developed her natural feeling for improvisation. She sang at other clubs in the area for a while, returned to The Oasis for a 21-week stay, then continued singing in various clubs in Washington, Oregon and Northern California. During the early years of World War II, she met Chuck Austin, who was playing drums in a club in Redding, California. They were married in Reno, and Chuck went into the Army soon after.
For the next few years Claire worked at clubs in Oakland, Cincinnati, Chicago and Louisville, close by various army camps at which Chuck was stationed. These were difficult times for Claire, trying to be near her husband, caring for her two children, and working to support the family. Finally, she returned to Seattle where her folks lived, for the birth of her third child, and to wait for Chuck’s release from the Army.
So mal die Basis (aus Les Koenigs Liner Notes zu „Claire Austin Sings the Blues“) … in der Nachkriegszeit sang sie dann erstmal nicht mehr, hörte 1947 zum ersten Mal eine Platte von Bessie Smith, zum Muttertag desselben Jahres habe Chuck ihr ein Album von Smith geschenkt, das sie von da an bei Hausarbeiten hörte. Weiter ging es dann 1951, als jemand ihr mitteilte, Turk Murphy’s Jazz Band trete im Clayton Club in Sacramento auf und suche eine Sängerin. Im April 1952 wirkte sie dann auf Vol. 4 von „The Turk Murphy Story“ (Good Time Jazz) mit, verliess die Band aber im gleichen Jahr noch – und seit da habe sie ein Blues-Album machen wollen.
Das machte sie dann im April 1954 mit Kid Ory (tb), Don Ewell (p), Ed Garland (b) und Minor Hall (d) für Lester Koenigs Trad-Label Good Time Jazz – und es ist eben netterweise dem Reissue von „Sings When Your Love Has Gone“ beigegeben – für dessen Cover ein hübsches Model gebucht wurde (zur unglücklichen Kindheit von Austin gehört auch „the feeling that she wasn’t as beautiful as some of her classmates, she drew strength from watching great performers and realizing that, if you can project yourself across the footlights ‚you don’t have to be pretty.'“ – aus den Liner Notes zu „Sings When Your Love Has Gone“ von S.I.. Hayakawa). Der Vater war „an enthusiastic and critical Vaudeville fan“ und Claire habe früh den Unterschied zwischen einer „show singer“ und „rather than just someone who sings well“ begriffen – und Sängerin zu werden war schon früh ihr Ziel.
Gemäss den späteren Liner Notes (1956) gehört in die Nachkriegszeit (als Chuck „studied accounting“ in Sacramento) auch noch die Freundschaft mit dem 1955 verstorbenen afro-amerikanischen Pianisten Bob Moseley, den Claire als einen der wichtigsten musikalischen Einflüsse betrachte, „whom they visited and sat in with at his job, and with whom they listened to records and discussed music at home.“
Für meine Ohren sind das zwei echt schöne Alben, die aber weit weg von Lieblingsalben sind und auch in Geheimtipplisten eher einen Randplatz einnehmen dürften. Das 10″-Album mit Kid Ory ist tatsächlich ein Blues-Album, die Band spielt rudimentäre Begleitungen im Two-Beat-Feel, es gibt Klassiker wie „Careless Love“, „Down-Hearted Blues“, „See See Rider“, „Nobody Knows You …“ – Repertoire von Ma Raney, Alberta Hunter, Trixie Smith, Ida Cox usw. Das 12″-Album, das ein Jahr später im April 1955 entstanden ist (ein Song
stammt vom Februar 1956), ist dann schon sehr besonders. Die Band ist ein gutes Beispiel für frühen Mainstream mit den zwei Modernisten, trotz derer Gegenwart das alles total organisch klingt. Das Repertoire besteht aus Klassikern wie „My Melancholy Baby“, „Lover, Come Back to Me“, „I’m Through with Love“ oder „Come Rain or Come Shine“, Porter („What Is This Thing Called Love“) und die Gershwins („Someone to Watch Over Me“) sind auch vertreten, und natürlich gibt es das Stück, das dem Album den Namen gab. Ein Highlight ist definitiv „Someone to Watch Over Me“, da wird nicht gebellt und gebrüllt sondern gesungen – die Stärke und das Volumen der Stimme, die total saubere Diktion (vor dem Mikrophon war das alles das Kapital einer Sängerin) sind aber dennoch stets klar zu herauszuhören:
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