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Gestern hörte ich mal noch die Decca-Sessions von Jeri Southern zu Ende, d.h. vor allem das obige Album A Prelude to a Kiss mit Arrangements von Gus Levene sowie die letzte Session für das Label: drei Stücke mit dem Trio von Dave Barbour und ein tolles Solo, mit denen das Debut vom 10″- ins 12″-Format geholt wurde („Warm Intimate Songs in the Jeri Southern Style“ heisst das erste Album von 1954, die 12-Inch-Ausgabe kam 1958 heraus und heisst „Southern Hospitality“). Dabei ist da gar kein Song über blaue Augen dabei:
Danach unter anderem dieses Rückkehrerinnenalbum von Toshiko Akiyoshi – Toshiko Meets Her Old Pals, 1961 mit Sadao Watanabe (as), Akira Miyazawa (ts) und drei Rhythmusgruppen bei drei Sessions aufgenommen (fair verteilt je zwei Stücke mit jeder, wobei es nur Bassistes gibt: Masanaga Harada/Masahiko Togashi, Hachiro Kurita/Hideo Shiraki und Harada/Takeshi Inomata).
Carmen McRae – Blue Moon | Spät lief dann das hier gleich ein wenig in Schleife – Arrangements von Tadd Dameron (mit Bläsern inkl. Charlie Shavers) und Jimmy Mundy (Holz und Streicher), und die sind natürlich ansprechend!
Ich bleibe dann gleich mal etwas bei Carmen McRae und sortiere die frühen Sachen … die Doppel-CD oben aus der tollen „Precious & Rare Collection“ von Chant du Monde bündelt frühe Aufnahmen, darunter ihre Hälfte von A Foggy Day with Carmen McRae (Decca, Split-LP mit Ivie Anderson), das Bethlehem-Album Carmen McRae (10″ – da gibt’s wieder Akkordeon, aber von Mat Matthews, der das einigermassen ansprechend bewältigt – ein Reissue davon mit 5 Alternate Takes als Bonus war meine erste Begegnung mit McRae, wenn mich nicht alles täuscht) und By Special Request (Decca, erneut mit Matthews), sowie diverse Singles, die ich schon länger auch auf einer Musica Jazz-Compilation vorliegen habe, die aber Aufnahmen bis 1961 enthält.
Die fünf Stücke von der Stardust-LP sind ihre ersten Aufnahmen unter eigenem Namen – es waren acht, die auf vier Singles herauskamen (1953 mit Larry Elgart). Für Decca gab’s auch weitere Singles, bei denen Jack Pleis die Band leitete (und sowas, Elgart und Pleis, vs. Dameron und Munday, ist halt schon ein Unterschied, auch wenn das natürlich nicht heisst, dass der Gesang deshalb schwächer ist – mit Pleis 1955 entstanden dann auch die ersten beiden Duette mit Sammy Davis Jr., die 1957 zu einer ganzen LP führten, die hier eher zufällig seit letztem Sommer oder Herbst auch auf einem Stapel mit noch ungehörten CDs liegt, das war noch bevor wir hier das Gesangsthema angerissen hatten, gekauft als Folge/Beifang zu „My Shining Hour“, dem Album von Davis mit Basie, bei dessen New Testament-Sachen ich im Sommer ja auch mal eine Weile war).
Das Bethlehem-Album kommt mit einem klasse Cover:
Bei der Suche nach Flamboyanz wird mensch jedenfalls bei Carmen McRae immer wieder fündig – hier eine Miniatur von der zweiten Bethlehem-Session (auch vom Album), „Too Much in Love to Care“, u.a. mit Tony Scott an der Klarinette:
Hier noch das Cover des letztem im Chant du Monde enthaltenen Albums – das ist dann echt klasse: eine kleine Combo mit Gerade-Noch-Ehemann Kenny Clarke (1944 bis 1956 waren sie verheiratet), Mundell Lowe, Dick Katz und Wendell Marshall. Auf „Something to Live“ übernimmt Strayhorn das Klavier und Lowe/Clarke setzen aus, Lowe ist der Duettpartner (mit McRae selbst auch am Klavier) in „Supper Time“, und bei der zweiten Session kommen Herbie Mann und Mat Matthews dazu, zwei Bekannte von den Bethlehem-Sessions im Vorjahr.
Danach hab ich erstmal nur noch ein paar wenige Alben („Boy Meets Girl“, „Birds of a Feather“) und ganz viele Lücken …
Dann noch eine interessante Geschichte aus Billy Veras Liner Notes zu „Blue Moon“: McRae kam ja 1920 zur Welt, war also schon Mitte dreissig, als sie allmählich bekannt wurde – davor war sie in unterschiedlichen Städten tätigt, gab die Musik auch mal wieder auf, spielte auch eher mal Klavier und sang nebenbei etwas dazu … ihren ersten Job hatte sie davon bei Mercer Ellington, mit dem sie 1946 auch erste Aufnahmen machte (am Ende der „1946-1955“-Compilation ist „Pass Me By“ von 1946 zu hören, sie sang wohl noch auf „Moon Mist“; damals hiess sie Carmen Clarke, die Ehe hielt faktisch nicht lange – ev. ist der Wiki-Eintrag da auch falsch, oder sie liessen sich halt erst viele Jahre später scheiden, sie traten jedenfalls weiterhin zusammen auf, wie später auch mit dem Bassisten Ike Isaacs, für den Wiki 1956 bis 1967 angibt – scheint also möglich, dass die Scheidung von Clarke also erst vollzogen wurde, als sie erneut heiraten wollte?). Aber was ich scheiben wollte, betrifft nicht das Privatleben sondern die Komponistin Carmen McRae (cc @vorgarten ): Billie Holiday nahm 1939 McRaes Song „Dream of Life“ auf – und von da an waren die beiden Freundinnen für den Rest ihrer (Lady Days, logsicherweise) Tage. McRae hat ja 1961 auch eine hervorragende Holiday-Hommage aufgenommen. Als McRae dann mit Mercer Ellingtons Band sang, spielte dort Luther Henderson Klavier – und später taucht sein Name als Komponist von „Dream of Life“ auf – die übliche Vermutung liegt nahe, dass die das Stück in der Not verkauft hat (in der ASCAP-Datenbank stehen heute beide Namen).
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