Re: Sterne an Thomas Bernhard

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patriktroll

Registriert seit: 08.09.2005

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Irrlichtder erste Weg ist ein schnelles Einhören…
aber wie werte ich das ernstlich?

Einfach zum Dussmann gehen, das gewünschte Buch aus dem Regal nehmen und mal zwei Seiten lesen – voilá. Auch kein Unterschied zum Hören irgendeines Songs auf irgendeiner LP, auf der noch vierzehn weitere drauf sind – da kann die „Qualität“, wie wir aus den Song-Sternethreads wissen, ja auch erheblich schwanken. Es gibt genug Platten, die man 5x hören muss, bevor es zündet. Das ist also kein Argument, von wegen „Eindruck schnell gefestigt“. Und Bücher, ja sogar Autoren haben sehr wohl auch „einheitliche Stimmungen“ bzw. überhaupt eine Grundstimmung. Notfalls eben 200 Seiten vorblättern und nochmals zwei Seiten lesen bzw. einen weiteren Song der LP anspielen.

Es geht hier ja darum, festzuhalten, wie gut resp. nicht gut einem etwas gefällt – und das funktioniert bei Büchern genauso wie bei Filmen oder LPs oder von mir aus Eissorten im Eiscafé Deiner Wahl. Denn natürlich kann Dir Buch A vor 10 Jahren total missraten vorgekommen sein oder Du fandest aufgrund Deines jungen Alters keinen Zugang (oder warst beim Lesen in einer Lebenskrise oder auch frisch verliebt), heute aber liest Du es nochmal und verstehst es und goutierst es als hervorragend. Das passiert Dir mit anderen Medien aber genauso. (Oder du entdeckst plötzlich Deine Vorliebe für Kokoseis – früher *.) So eben auch mit Musik und Filmen. Und wieso einen Abschnitt in einem geschriebenen Werk nicht mit einer Szenenfolge in einem Film oder Teile eines Songs (oder von mir aus „Tracks“, für die Forumspolizei) vergleichen? Das eine gefällt einem, das andere eben weniger – oder bestenfalls gefällt eben alles.

Solche Besternungen sind ja immer Momentaufnahmen. Vor 20 Jahren hätte ich den Beatles noch pauschal ***** für fast alles gegeben…
Wer kann, als Beispiel, schon sagen, warum ich Stockhausen heute als atonalen Mist abtue, ich als großer Musikkenner, der mit gespitzten Ohren sofort weiß, wann er zugreift? Das kann nur der verstehen, der sich länger intensiv mit serieller Musik beschäftigt hat, für den gibt es einen Sinn und ihm gehen die Ohren auf. (Es spielen also auch Erfahrungswerte eine Rolle bei der Besternung.)

Wie dem auch sein: Der Unterschied zwischen gelungenen Kunstwerken, egal welchen Mediums sich der Schöpfer bedient, ist in seiner Wirkung auf den Rezipienten in meinen Augen geringfügiger, als Du vielleicht denkst. Dass dem einzelnen Schöpfer allerdings meistens gute und weniger gute Werke gelingen, dürfte klar sein, und das veranschaulicht, je nach persönlicher Anschauung, eben so eine Liste.

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