Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Das erste von zwei Live-Alben, die Tormé im Crescendo für Bethlehem einspielte – das hier vom Mai 1956 gehört zeitlich zwischen die zwei Studio-Alben mit der Band von Marty Paich (p/cond), der hier auch die Band leitet – ihn spricht Tormé zumindest gleich zu Beginn an. Die CD gibt sonst an: Don Fagerquist (t), Larry Bunker (vib, acc, bgo), Max Bennett (b) und Mel Lewis (d) – was zu passen scheint: Es gibt Akkordeon und Bongos gleichzeitig wie Klavier, d.h. Sharon am Akkordeon würde Tormé am Klavier bedingen – was zumindest nicht ausgeschlossen ist, denn für „Nobody’s Heart“ setzt er sich ans Klavier – dann aber solo – ein schöner Closer. Für ein einziges Stück, „I Got Plenty o‘ Nuttin'“ (Porgy & Bess) ist das Line-Up gemäss der CD: Howard McGhee (t), Ralph Sharon (p), Stan Levey (d) und das Pat Moran Quartet (chorus) – da gehört wohl auch wieder Max Bennett am Bass mit dazu. Und im Moran Quartet singt neben Moran auch Bev Kelly mit, zudem John Doling und Johnny Whited, wenn das Line-Up aus Bruynickx (der dem ganzen Album das Sharon-Line-Up gibt und Russ Garcia (arr/ldr) ergänzt) verlässlich ist … keine Ahnung. Das Ding dauert nicht mal2 7 Minuten (bei zehn Stücken), Tormé hat Spass mit faux français „In Autumn Leaves“ und in „It’s All Right with Me“, wo er noch in „Frère Jacques“ fällt und was von „Blue Suede Lips“ singt – das funktioniert auf Konserve halt alles nicht so gut, ein hübsches Dokument, aber kein allzu gutes Album – das gerne auch als Bonus mit was anderem hätte gekoppelt werden dürfen oder noch besser gleich als CD-Twofer mit dem zweiten Crescendo-Album neuaufgelegt worden wäre:

Im Februar 1957 (das Astaire-Album entstand im November 1956) war Tormé dann wieder im Crescendo und Bethlehem erneut zur Stelle. Das Line-Up ist dasselbe wie auf der CD für „Songs for Any Taste“ (ich hab von den Tormé-Alben die 2001er Rhino/Avenue Jazz-Reissues, nur von „Blue World“ ein älteres von 1994, da steht Bethlehem selbst als Label drauf). Das erste Album erschien übrigens erst 1959, vielleicht ein Versuch, als es dem Label längst schlecht ging (man hatte sich bei der teuren Produktion von „Porgy & Bess“ verrechnet), nochmal etwas Kasse zu machen mit Tormé, der schon im Vorjahr zu Verve weitergezogen war? Ein Line-Up ist für das Album auf der Hülle nicht zu finden, Liner Notes auch nicht, und Scans der jüngeren Japan-Reissues finde ich zumindest auf Discogs auch keine, die das Line-Up für die zwei Alben enthielten. Die neuen Liner Notes von Joseph F. Laredo für die 2001er-CD des ersten Albums schreiben die Aufnahmen dem Datum vom zweiten zu, also auch Februar 1957, was dann auch das mit dem Line-Up erklären würde … ich habe keine Ahnung.

Beim zweiten Album sind sich dann zumindest alle einig, es gibt auch Liner Notes, in denen die Namen der Band genannt werden – und Tormé erwähnt sie auch immer wieder. Dieses Album erschien damals zuerst, noch 1957 – selbst wenn es also später aufgenommen worden wäre, könnte es in den Liner Notes also keinen Bezug zum früheren, aber erst danach veröffentlichten Album geben. Das zweite Album ist zehn Minuten länger (bei 12 Tracks), hat also deutlich mehr Fleisch am Knochen und ist auch wirklich besser. (Ein Grund mehr, „Songs for Any Taste“ einfach als Bonus an dieses Reissue anzuhängen). Spass macht das auf jeden Fall eh alles, das zweite Album hat einfach mehr Substanz und scheint etwas weniger im Augenblick des Entstehens verhaftet zu sein, auch als Konserve funktioniert es gut.

PS: auf „At the Crescendo“ ist die richtige Version von „Autumn Leaves“ in französisch drauf – den Einstieg zu „Songs for Any Taste“ macht die 1:30 lange Blödelei, die Tormé als Intro dazu improvisierte … denke schon, dass das alles von Februar 1957 stammt (und ergo ist unklar, ob auf dem ersten Album überhaupt was mit McGhee, Sharon etc. zu hören ist bzw. eben: vermute, die Angaben der CDs sind korrekt, nicht die von Bruynickx – leider gibt es zu keinem der beteiligten eine komplette Diskographie auf wwww.jazzdiscography.com, wo sonst u.a. Lee, Sinata, Lea und Lincoln vertreten sind).

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba