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Danke für die Erinnerung an die Querelle @clasjaz – die tauchte in meinem Studium zu Beginn immer mal wieder auf und ich bin in musikalischem Kontext tatsächlich auch kürzlich wieder über sie gestolpert, aber ich komme nicht mehr drauf, wo das war (wohl irgendwo, wo es um Gambe vs. Cello ging – da wurden ja ähnliche Glaubenskämpfe gefochten). Irgendwie aus heutiger Sicht recht drollig, dieser französischer Erz-Dogmatismus. Und dennoch rührt die Querelle ja auch an grundlegende Fragen, nicht?
Celan hören finde ich übrigens auch eher schwierig – aber ich glaub ich bin inzwischen in einem Alter, in dem ich Deklamatorisches eher ertragen bzw. vielleicht sogar irgendwie verstehen kann und auf einer emotionalen Ebene auch davon abgeholt werden kann? (Siehe auch mein Umschwung zu Abbey Lincoln, die ich früher mit ganz wenigen Ausnahmen (das „Tryptich“ und überhaupt fast alles mit Max Roach – vermutlich, weil sie das dort in extremis durchzieht?) nicht ertragen konnte. Interessant jedenfalls, aber nur für mich
Die Frage nach dem Individuellen – siehst Du da einen Unterschied zwischen instrumentaler und vokaler Musik? In der instrumentalen Musik würde ich das nämlich früh hören wollen – schon bei Bach wohl. Aber gerade bei den Franzosen verschwindet es auch gerne wieder bzw. taucht nur in der Solomusik (Cembalo, Gambe, Laute) auf, in der Kammermusik und auch in der frühen Orchestermusik gerade eher nicht, die war höfisch, zweckgebunden – und bietet für meine Ohren nicht oder höchst selten die Freiheit des Ausdrucks und des Gefühls, die z.B. Mozarts Klavierkonzerte enthalten. Ich glaube, es ist Víkingur Ólafsson, den ich im Sommer mit seinem Mozart & Contemporaries-Programm im Rezital hörte, der recht überzeugend sagt, eine von Mozarts späten Klaviersonaten sei der eigentliche Beginn der Romantik in der Musik, weil da eben das Individuum zum Vorschein komme, weil da Musik nur noch für sich gesetzt werde, frei jeglicher Zwecke.
Um noch kurz auf die Musik zu kommen: gestern Abend war ich schon wieder in Basel (bin da auch noch den Bericht vom Weihnachtskonzert mit René Jacobs schuldig) und hatte ein völliges Flash: der Bartók-Abend von Christof Loy und Ivor Bolton war schlichtweg der Hammer! Es gab in erster Linie den Mandarin und Blaubart, dessen Prolog beiden Teilen vorangestellt wurde, der erste Teil mit dem Mandarin endete mit dessen „Auferstehung“, wozu auch noch der erste Satz der „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ erklungen ist. Die Pantomime und die Oper habe ich gestern zum ersten Mal überhaupt gehört – und war vollkommen geplättet von dieser so reichen, wundersamen Musik. Dass Evelyn Herlitzius die Judith gehörte sicherlich mit dazu, Christof Fischesser als Blaubart war aber ebenso gut.
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