Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

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Rameaus „Pièces de clavecin en concerts“ in Transkriptionen für Sextett (drei Violinen, Viola, zwei Celli), wie sie in einer von Saint-Saëns eingerichteten Werkausgabe auf das Jahr 1768 – vier Jahre nach dem Tod des Komponisten – datiert und mit dem Namens „Decroix“ versehen zu finden sind. Jacques Joseph Marie Decroix war der Besitzer des Manuskripts, das Jahr vermutlich das, in dem er es erwarb. Decroix suchte viele Werke Rameaus zusammen, katalogisierte, annotierte sie, fertigte Kopien an … seine Erben übergaben die Sammlung 1843 der BNF (damals Bibliothèque Royale), wo das betreffende Manuskript heute liegt. Alle fünf „Pièces de clavecin en concerts“ aus dem Jahr 1741 sind hier versammelt, das später entstandene sechste ist bei Decroix in anderer Handschrift vorhanden – Loïc Chahine schreibt in den Liner Notes, aus denen ich das alles habe, dass das betreffende Arrangement vielleicht erst von Decroix in Auftrag gegeben, die Handschrift möglicherweise seine sei.

Was die Instrumentation angeht: neben dem obligatorischen Cembalo (das auch die Stücke unbegleitet spielen konnte), gibt es zwei Stimmen in den Arrangements von Rameau, von denen die eine von Violine oder Flöte gespielt werden kann, die andere zwar für Gambe vorgesehen aber auch von einer Violine gespielt werden kann. D.h. die „vorgesehenen“ Line-Ups sind Cembalo plus Gambe/Violine, plus Gambe/Flöte, plus Violine/Flöte, plus zwei Violinen. Rameau selbst hat aber zumindest diverse Sätze für andere Zwecke umarrangiert: als Zwischenspiele oder Sätze in Opern und weiteren Werken. Im Arrangement für Streichsextett spielt die erst Violine üblicherweise die oberste Cembalo-Stimme, die zweite die Stimme für Violine bzw. Flöte, die dritte die Violinenversion der Stimme, die eigentlich für Gambe gedacht war. Die Bratsche und die Celli übernehmen die Bass-Stimmen und die ganzen „Füllsel“, die für Bass(-gambe), Fagott und Cembalo gedacht sind. Dazu kommt dann noch die Frage, ob die Arrangements für Kammerensemble oder Orchester gedacht sind: denn in den Notensystemen der einzelnen Stimmen finden sich oft nochmals mehrere Varianten/Stimmen: es wäre also auch möglich, die Stimmen mehrfach zu besetzen und damit – wie ich es verstehen – überhaupt erst alles, was notiert ist, zu spielen.

Ich finde das gerade sehr ansprechend, ohne Cembalo und Blasinstrumente gibt das einen kompakten, in sich sehr stimmigen und schönen Klang. Muss mal wieder die anderen Aufnahmen anhören, die ich davon habe – komplett kenne ich nur die von Blandine Rannou (in der Zig-Zag-Box, die v.a. drei CDs mit ihrem phänomenalen Solo-Rameau enthält) und habe nicht die besten Erinnerungen daran. Bei ihr gibt es neben dem Cembalo eine Flöte, eine Violine und eine Gambe. Rousset (hab ich nur Nr. 1 und Nr. 5) hat eine Trio-Einspielung mit Violine und Gambe gemacht, auf einer alten alpha-CD der Musiciens de Monsieur Croche gibt es Nr. 1, 3 und 5, aber ohne detaillierte Angaben, welche Musiker*innen wann zu hören sind: Flöte, zwei Geigen, Gambe, Bassgambe und Cembalo wirken insgesamt bei der CD mit). Diese alpha-CD habe ich aber gerade aus dem Regal gezogen zum längst fälligen Wiederhören.

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