Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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Christian Wildhagen in der NZZ zum Tonhalle-Konzert: voller Lob für Messiaen und Bernstein, kritischer – und für mich nachvollziehbar beschrieben – gegenüber Bruckner:

[…]

Nicht dass es der Wiedergabe der Dritten in der Spätfassung von 1889 an Feuer fehlen würde – Järvi bleibt seinem energiegeladenen Ansatz treu, die Musik drängt fast unablässig vorwärts; die oft mäandernden Formverläufe Bruckners wirken dadurch so übersichtlich wie selten. Nichts wird hier bedeutungsvoll überhöht oder gedehnt, die Monumentalität von Bruckners Tonsprache entsteht allein aus der inneren Dynamik, aus den weitgespannten Entwicklungsbögen und den teilweise gewaltigen Klangeruptionen. Hier liegt aber zugleich das Problem: Die für diese zielgerichtete Lesart nötige Dauerspannung führt nämlich dazu, dass der Klang – wie schon in der Achten beim Auftakt im September – zu wenig atmen und ausschwingen kann.

Den daraus entstehenden Härten müsste wohl doch durch noch intensivere Akustik- und Gruppenproben entgegengewirkt werden, namentlich mit den Blechbläsern. […]

Dass die Zürcher sehr wohl zu ähnlichen Differenzierungen in der Lage sind wie die Wiener, hatten sie im Übrigen zuvor selbst unter Beweis gestellt: in den ausgedehnten Solopassagen der Blechbläsergruppe in Olivier Messiaens Orchesterwerk «L’Ascension», mit dem das Programm begann. Dieser erste Teil des Konzerts wirkte überhaupt wie ein buntes Gegenbild zur geballten Wucht der Bruckner-Sinfonie nach der Pause.

Plastisch charakterisiert Jansen jeden einzelnen der insgesamt sieben Philosophen, die Bernstein hier getreu nach der Abfolge in Platons berühmter Schrift disputieren lässt, und zwar über nichts Geringeres als über das Wesen der Liebe. Dem Thema aller Themen angemessen, klingt das mal feurig, mal nachdenklich, mal zänkisch, dann wieder leidenschaftlich, bald euphorisch und schliesslich sogar offen erotisch, wenn sich die Violine in einen sehr intimen Dialog mit dem Cello verstrickt.

Paul Handschke, dem neuen Solocellisten des Tonhalle-Orchesters, gelingt hier ein wahrer Zaubermoment: Er verwickelt die Solistin in ein echtes Zwiegespräch, nicht bloss sekundierend, sondern ebenso selbstbewusst und nuanciert wie Jansen (was einiges heisst bei dieser Weltklasse-Geigerin), so dass man irgendwann wirklich nicht mehr weiss, wer hier die besseren «Argumente» auf seiner Seite hat. Die abgegriffene Politikerfloskel «auf Augenhöhe» bekommt da musikalisch plötzlich einen neuen Sinn, und zu Recht wird Handschke am Ende gleichberechtigt in den Jubel für Jansen einbezogen.

https://www.nzz.ch/feuilleton/tonhalle-orchester-zuerich-wenn-es-ploetzlich-erotisch-wird-zwischen-violine-und-cello-ld.1710873

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