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vorgarten
friedrichMal die viele freie Zeit genutzt, die ich gerade habe, und dieses umfangreiche Konvolut eingelegt:
Marshall Allen Presents Sun Ra And His Arkestra – In The Orbit Of Ra (2014)
20 Aufnahmen von 1958 bis 1978 auf 2 CDs. Wie der Titel sagt von Marshall Allen persönlich (mit)ausgewählt und mit dessen Segen veröffentlicht. Im booklet auch ein Interview mit Marshall Allen. Ich bin ja ein Freund von gut gemachten Compilations und Playlists. In The Orbit Of Ra hat einen schönen flow – und überhaupt: Wo sonst könnte man all diese teilweise obskuren Aufnahmen hören?so richtig neu waren, glaube ich, nur so zweieinhalb der stücke, aber dieser sampler stand am beginn der neuen entwicklung, dass man sowohl an die masterbänder herankam und außerdem geld da war, sie neu abzutasten. klingt halt alles super. und wenn man damit leben kann, dass die swingnummern und standards fehlen, würde ich das als idealen einstieg empfehlen. und wegen des flows auch sonst.
Ja, stimmt wohl, dass nur zwei Stücke bislang unveröffentlicht waren. Aber kennt / hat man denn alle anderen, bereits irgendwo anders veröffentlichten Stücke – wenn man nicht ein echter Sun Ra-Experte ist? Ich jedenfalls nicht. Einige ja, die meisten aber nein. Insofern ist diese Compilation für mich wirklich eine schöne Sache. Gut zu hören und man kann da schön in die Klangwelt von Sun Ra eintauchen. Ob sie das Gesamtspektrum des Sun Ra-Oeuvres abdeckt (ohne die „Swingnummern“), ist eine andere Frage. Das ist ja auch nicht der Anspruch. Aber durchaus ein guter Einstieg in den Orbit von Ra.
Es gibt ja auch noch zwei andere Sun Ra-Compis (Greatest Hits, Sun Ra in der Economy-Version im Schnelldurchlauf, aber in meinen Ohren auch sehr gut) und die sehr viel umfangreichere To Those Of Earth And Other Worlds. Für die muss ich mir auch noch mal Zeit nehmen.
Mein Sun Ra-Einstieg war vor langer Zeit mal eher zufällig und irgendwie von der Seite, als ich aus Neugier die Sun Ra-LP Blue Delight mit cut-out für in meiner Erinnerung DM 10,- in einem Kreuzberger 2nd-Hand Laden kaufte. Zu jener Zeit war es aber auch noch nicht selbstverständlich, dass im Plattenladen dutzende Re-Issues von Sun Ra standen. Blue Delight war dann tatsächlich Swing und paradoxerweise für mich irritierend, da ich bei Sun Ra mit was ganz anderem gerechnet hatte. Aber inzwischen weiß ich das Album sehr zu schätzen. Klar: Swing steckt einfach in der DNA von Sun Ra und eigentlich hört man es auch immer mal wieder bei seinen „schrägeren“ Sachen – auch auf In The Orbit …“ raus.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)