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The Lounge Lizards – Queen Of All Ears (1998)
Die Lounge Lizards waren ja sooo was von 80er, als sie 1981 ihr Debut veröffentlichten, diese Mischung aus stylischem Retro-Jazz und Noise. Ich habe die LL nicht kontinuierlich mitverfolgt, sondern kenne neben dem Debut nur noch Big Heart (1986) und dann dieses, ihr letztes Album von 1998. Insgesamt haben sie aber auch keine besonders umfangreiche Diskografie.
Queen Of All Ears bietet weniger Nostalgie, weniger Noise, dafür umso mehr Komplexität und Raffinesse, verwobene Gruppenarrangements mit John Luries Alt-Sax im Vordergrund. Ausschließlich Eigenkompositionen, zwei Stücke überschreiten die 10-Minutenmarke und die Besetzung ist auf Nonett-Größe angewachsen – einschließlich Jane Scarpantino am Cello und unserem alten Bekannten Steven Bernstein an der Trompete.
Kein Schema Thema–Bridge–Solo–Thema … , kaum mal ein durchgehender Swing, stattdessen große Spannungsbögen, manchmal abrupte Stimmungswechsel von dramatisch über unheimlich bis albern und wieder zurück. Das Stück Scary Children könnte aus einem Horrorfilm-Soundtrack, She Drove Me Mad aus einem Film Noir stammen. Wie der Film zu dem Stück John Zorn’s S&M Circus aussehen könnte, bleibt der Phantasie überlassen. Und das alles mit dem LL-typischen, etwas gegen den Strich gebürsteten Schneid. Kein leichter Stoff aber spannend und lohnend. Richtig gute Platte!
Das Cover zeigt ein etwas albernes Gemälde von John Lurie. Einen Zusammenhang mit der Musik erkenne ich nicht. Die Platte hätte da etwas angemesseneres verdient. Queen … erschien 1998 wegen juristischer Probleme mit 2 Jahren Verspätung auf John Luries eigenem Label. War nur als Import erhältlich und ist out of print. Sachen gibt’s!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)