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nicht_vom_forum
Ach, naja… „nicht mehr“ halte ich für eine gewagte Behauptung. Früher wurde schlicht viel mehr gefiltert und Leute ohne halbwegs fundierte Bildung diskutierten diese Themen mehr oder weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit (oder gar nicht). Dass das gesamtgesellschaftliche Niveau „früher“ besser war, bezweifle ich.
Anders ja, nicht unbedingt besser, da hast du recht. Dämlicher kommt es mir vor.
Ich bezog mich nicht ohne Grund auf das Worldbuildung. Was bei May (ich dürfte zu Schulzeiten so rund die Hälfte gelesen haben) tatsächlich gut ist, sind die Beschreibungen von Land und Leuten (die er bei ernstzunehmenden Quellen abgeschrieben hat) und die Nebenhandlungen und -charaktere. Nicht gut sind meist die Haupthandlungen und -personen (den Ich-Erzähler eingeschlossen). Aber selbst May wäre wohl nicht auf die Idee gekommen, im US-Westen des späten 19. Jahrhunderts einen Kinderfilmplot anzusiedeln.
Hollywood macht das alle naslang. Was May angeht: ebenso, ca 60 % der Bücher gelesen, hörte mit 15 (?) auf.
nicht_vom_forum
Hmmm… https://en.wikipedia.org/wiki/American_Indian_Wars https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_American_Indian_Wars
bullschuetz
[…]
Ich hab ja als Kind auch viel Karl May gelesen, aber dann kam eben Dee Brown mit „Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses“, und danach war es vorbei mit der romantischen Naivität (ich weiß nicht genau, wann ich es damals gelesen habe, aber laut Wikipedia kam es auf Deutsch 1972 raus, also auch schon vor einem halben Jahrhundert).
Ende des 19. Jahrhunderts war die indigene Bevölkerung um 90 Prozent ihres ursprünglichen Bestandes geschrumpft, und dass das nicht nur mit Krieg, sondern auch mit eingeschleppten Krankheiten zu tun hat, ändert ja nichts am in vielen Quellen explizit benannten Vernichtungs- und Ausrottungswillen. Die weitgehende Auslöschung der indigenen Bevölkerung war sicher nicht bloß ein Versehen, ein Kollateralschaden der Besiedlung durch Einwanderer.
Insofern: Wenn Du Genozid in dem Zusammenhang als „Unsinn“ und „Gerede“ bezeichnest, interessiert mich Deine Begründung für diese Einschätzung.
Dass manche idyllischen Vorstellungen von den Indianern vor dem Überfall durch die Siedler auch Projektionen einer nach unentfremdetem Leben in Einklang mit der Natur lechzenden Schicht der westlichen Zivilisation sind: geschenkt. Man muss die Indianer nicht als Hippies verklären und kann ihre weitgehende Ausrottung trotzdem als Genozid anprangern.
Das kommt ein bisschen darauf an, was man unter Genozid versteht. Während es heutzutage anscheinend bedeutet, das viele Leute gestorben sind, ist ein Genozid für mich ein zentral gesteuerter Versuch eine gewisse Volksgruppe auszulöschen, der zumindest teilweise gelingt. An den nordamerikanischen Eingeborenen gab es Massaker (ja, Dee Brown habe ich auch gelesen, allerdings ist der auch an der „Hippiesierung“ der Indianer mitschuld), Vertragsverletzungen, ethnische Säuberungen, aber keinen Genozid. Der massenhafte Tod kam durch Ansteckung mit den Pocken (wer’s gerecht mag: der amerikanische Strain der Syphilis dürfte ähnlich viele Weiße getötet haben)
Recht gut dargestellt hier. Genozidal würde ich eher die Vernichtung der Ureinwohner der Kariben sehen, aber auch da war nicht die Absicht, alle zu töten, sondern „nur“ möglichst viele Sklaven zu haben.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.