Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

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herr-rossi@bullitt @stormy-monday: Ihr habt offensichtlich immer noch nicht verstanden, worum es bei „Kultureller Aneignung“ überhaupt geht. Es geht nicht darum, dass es einen Transfer kultureller Ideen gab und gibt und der grundsätzlich „verboten“ werden sollte, sondern darum, dass Mitglieder einer kulturell dominierenden Bevölkerungsgruppe (Weiße) häufig blind in Bezug auf Rassismuserfahrungen sind, die mit bestimmten kulturellen Ausdrucksformen wie Frisuren, Kleidung, Musik, Tanz usw. verbunden sind, die sie einfach übernehmen, weil sie ihnen gefallen. Wer nicht versteht, was beispielsweise Haare/Frisuren mit der Rassismuserfahrung von Schwarzen zu tun haben, der versteht Rassismus nicht. Wer nicht versteht, dass geglättete Haare bei Schwarzen im Kontext rassistischer Erfahrungen etwas ganz anderes bedeuten als Dreadlocks bei Weißen, der versteht Rassismus nicht. (Und nochmal als Disclaimer: Ich halte es für falsch, Weiße mit Dreadlocks auszugrenzen. Aber der völlige Mangel an Bereitschaft, überhaupt verstehen zu wollen, worum es bei der Diskussion geht, macht mich schon etwas ratlos.)

Ich traue @bullitt und @stormy-monday aber sowas von zu, dass sie es verstanden haben, und was mich betrifft: Ich schwöre bei den Schnittlauchlocken meiner Großmutter, ich hab’s durch und durch gründlich verstanden.

Der Punkt ist nur, dass das Wissen um solche Hintergründe diese identitären Auswüchse doch nicht in geringsten erträglicher macht. Ich werfe denen, die auf so einen Stuss kommen, doch nicht vor, dass sie sich Gedanken machen und haarpolitisch informiert sind, sondern dass sie katastrophal falsche Schlüsse daraus ziehen. Das Wissen um hair politics macht den Konzertabbruch doch um haargenau gar keinen Deut besser. Ich gehe sogar noch weiter: Wer vom geglätteten Haar James Browns oder des jungen Malcolm Little noch nie was gehört hat und es einfach nur ganz naiv und ignorant absurd findet, wenn ein Konzert wegen Dreadlocks auf weißen Köpfen abgebrochen wird, hat intuitiv mehr verstanden als diese kulturverhindernden Safespacebewachungszerberusse. Einer Haltung, die keine gemischtrassige Kultur dulden will, keine kulturellen Durchdringungen, Übernahmen, Befruchtungen, Aneignungen aushält, sondern nur reinrassige, garantiert niemandem zu nahe tretende Kultur akzeptiert, sollten wir alle entgegentreten und widersprechen und nicht nach Begründungen suchen, warum man das doch verstehen müsse, auch wenn man es nicht direkt gut finde.

Im übrigen: Schon klar, das Problem gibt es im Grunde so gut wie gar nicht. Es handelt sich nur um von Sensationsmedien, Twitterdeppen und Halbnazis (sowie von diesen Schweinen auf den Leim gehenden Leuten wie @bullitt oder @bullschuetz) künstlich hochgejazzte Einzelfälle. Weshalb dieser ganze Thread hier aufgrund der läppisch geringen Anzahl der realexistierenden Einzelfälle ja auch so außerordentlich kurz ist … Mannomann, wie oft habe ich mich schon geärgert, wenn Polizisten den Rassismus in ihrem Apparat auf genau diese Art wegreden wollten, der epischen Fülle von „Einzelfällen“ zum Trotz. Und jetzt das: History repeating.

Wir sollten wirklich alle mal zur Kenntnis nehmen, dass in Teilen der linken Szene schwer was identitär aus dem Ruder läuft. Und ich finde, das gehört von links kritisiert, denn den rechten Arschgeigen sollten wir die Deutungshoheit da gewiss nicht überlassen.

Der „Safe Space“-Mist ärgert mich hier im Übrigen ganz besonders: So ein dummer Murks! Niemand kann sich ernsthaft von Dreadlocks unsicher und gefährdet fühlen. Das ist ein Hohn auf wirkliche Gefährdung durch Rassisten. Wer es nicht aushält, bei einer Kulturveranstaltung verunsichert zu werden, hat dort verdammt noch mal nichts verloren.

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