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stormy-monday
bullittMan erkläre mal einem Sadhu, dass er gefälligst aufhören soll, sich frisurentechnisch bei den Rastafari zu bedienen. Da prägen derart spezifische Frisuren keine Geschichte von Rassismuserfahrungen und haben seit Jahrzehnten einen kaum minderen Einfluss auf westliche Popkultur (Stichwort Goa).
Guter Einwand. Könnte es denn sogar sein, dass sich die Rastas kulturell mal schnell bei den heiligen Männern Indiens bedient haben, die schon viel länger Dreadlocks tragen?
Hinsichtlich der Frage nach kultureller Aneignung kann man allerdings m. E. auch bei dieser Abstammungslinie mal ergebnisoffen nachdenken. Auch hier ist es ja nicht einfach nur irgendeine Frisur, sondern es gibt einen religiösen Hintergrund und die Frisur hat eine Bedeutung, die über die reine Optik hinausgeht. Es ist ja auch nicht das gleiche, ob jemand sich für den gesamten Lebensstil eines Sadhu entscheidet, oder ob nur die Frisur „entlehnt“ wird.
Wenn man etwas aus einer anderen Kultur „adaptiert“, macht es für mich, als ein Kriterium, bei der Bewertung schon einen Unterschied, ob etwas aus einer Straßenkultur oder einer örtlichen Mode stammt oder ob es für die Menschen, aus deren Kultur es stammt, eine darüber hinausgehende Bedeutung hat – das gilt für mich z. B. auch für einige Tattoomotive, Stichwort: Tribals, oder für schottische Tartans.
Überhaupt das Konzept Mode: Ich finde es einfach eine Frage des Respekts, sich bei solchen Fragen bewusst zu machen, dass manche Dinge eben außerhalb von Mode/Fashion stehen und es beispielsweise Kleidungsstücke (im westlichen Kontext z. B. Orden) oder Motive (Hakenkreuze) gibt, die sich der Träger im Originalkontext erst verdienen musste und/oder die eine Bedeutung haben, und die daher eben nicht einfach so jeder tragen „darf“, nur weil sie ihm gefallen.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick