Antwort auf: jazz in den 1990ern

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friedrich

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gypsy-tail-windIch weiss, dass bei der Band gerne von „Nostalgie“ geschrieben wird – aber so höre ich das eigentlich gar nicht. Eher als eine Fortschreibung von etwas, was es vielleicht in der Form gar nie so wirklich gegeben hat? Ich denke hier nur ein wenig laut nach, ohne darauf bisher viele Gedanken verschwendet zu haben, aber ist das ev. eine ähnliche Form der „erfundenen Tradition“, wie sie in den Neunzigern in Europa von Jazzern entwickelt wurde, die sich auf „Folklore“ bezogen (Trovesi, Sclavis etc.)? Jedenfalls ist der Sound dieser Band – des Quartet West – in der Musik der Vierzigerjahre unvorstellbar. Und hätte Haden es gewollt, hätte die Band ja auch anders klingen können (oder anders aufgenommen/produziert werden)?
Dieser Gedanke stellt natürlich nicht in Abrede, dass ein ganzes Netz von Bezügen gesponnen wird (das wird ja später noch deutlicher, wenn sogar noch Samples eingestreut werden). Aber für meine Ohren ist das eher ein postmodernes als ein nostalgisches Projekt

Guter Einwand!

Charlie Haden schreibt in den liner notes „I have conceived this recording as if it were a film, telling a story. A story evoking feelings of nostalgia, remembering beautiful moments and how precious they are (…)“. Seine Absicht war das also schon und für mich funktioniert das auch irgendwie. Diese Verklärung der Vergangenheit beruht auf einer Fiktion? Grübel, grübel ..

Ja, du hast Recht damit, dass Jazz damals – 40er/50er – eigentlich anders geklungen hat. Selbst Hadens Aufnahme von Glenn Millers Moonlight Serenade klingt ganz anders als das Original.

Aber ich schrieb ja auch: Aus der Distanz werden die schönsten Mythen geboren. Haden hat diese Zeit an diesem Ort ja zum größten Teil selbst gar nicht miterlebt … Dieses mythische Los Angeles existiert wahrscheinlich nur in den Romanen von Raymond Chandler und deren Verfilmungen.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)