Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Ich höre gerade … Jazz! › Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!
vorgarten
gypsy-tail-wind… also Morgan ist (darin vielleicht Bunky Green irgendwie ähnlich?) jemand, der mit den üblichen Massststäben und Stilschubladen schwer fassbar ist, sich immer wieder zu entziehen scheint.
darüber hab ich jetzt länger nachgedacht. der vergleich liegt irgenwie nahe, aber irgendwie auch wieder nicht. ich finde morgan einfach einen sehr guten, energetischen spieler, der das parker-erbe interessant mit sich herumschleppt und auch ein bisschen erweitert (wobei ich dann immer denke, dass bestimmte erweiterungen des spiels vielleicht den hardbop abgekürzt haben, aber auch schon zum bop gehörten, jedenfalls finde ich jarman oder ayler nicht die passende referenz, ganz persönlich). green dagegen höre ich viel konzeptioneller an etwas neuem interessiert, mit seiner aktiven, auch theoretischen arbeit gegen changes und licks. klar ist das auch mehr auf parker als auf z.b. adderley bezogen, aber das sind coleman und osby ja auch… vielleicht kenne ich aber auch noch nicht genug von morgan, um sowas zu sagen, ganz sicher sogar.
Ich denke da auch noch drüber nach – war ein spontaner Gedanke, und du hast Bunky Green gewiss viel besser im Gehör. Ein paar von dessen Aufnahmen sind hier auch schon lange auf einem Stapel, aber so lange mich das Forum immer wieder auf neue Tangenten schickt … – ich dachte an Parallelen in der Tongestaltung wie Tonbiegungen, eigenwillige Intonation mit Zwischentönen, auch an die Phrasierung, die eben nicht immer „sauber“ im herkömmlichen Sinn ist (Parker, Adderley, Woods oder auch der späte Bebop-Shank phrasieren messerscharf, bei Morgan verwischt das irgendwie und ich verstehe Jarman als Bezug, Ayler aber auch nicht, aber ich wollte deshalb nicht das Zitat kürzen bzw. es meiner Meinung anpassen).
Lege jetzt nochmal das hier ein:
Frank Morgan and the McCoy Tyner Trio – Major Changes | So richtig will das für mich auch bei diesem Anlauf nicht passen … das Tyner Trio (mit Avery Sharpe und Louis Hayes) ist eine gut geölte Maschine, die wuchtig durchläuft. Morgans brüchiger Ton ist ein Kontrast, aber es gelingt nicht so wirklich, gemeinsamen Boden zu finden, mich lässt der Eindruck nicht los, dass Morgan und das Trio eher neben- als miteinander spielen. Die tiefe Emotionalität, die Morgans Spiel auszeichnet (und auf dem Jam mit Shank super zur Geltung kommt), fehlt hier die meiste Zeit. Es gibt ein paar Tyner-Stücke (Titelstück/Opener, „Search for Peace“ und „Frank’s Back“), ein paar Standards („How Deep Is the Ocean“, wieder „Emil“, „All the Things You Are“), einmal Kino („Theme from ‚Love Story'“ aus dem Film mit Ali McGraw, den ich nicht kenne) und als CD-Bonustrack ein fast zehnminütiges (nur „Things“ ist noch etwas länger) „So What“. Mir ist das alles zu sehr „run of the mill“, und wenn ich nicht permanent aufpasse, verpasse ich auch die Momente, in denen das aufbricht, etwa den Abschluss des Morgan-Solos gegen Ende von „Ocean“, wo er in diese so eigene Zone vorstösst.
Das gibt es leider nicht in der Tube, aber den Titeltrack von „Quiet Fire“ kann ich nachreichen – das Solo von Morgan ist wirklich grandios:
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba