Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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vorgarten

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gypsy-tail-wind

Helen Merrill – Lilac Wine | Merrill ist ja immer noch, die Auftritte wurden zwar sehr selten und der Verlust ihres Sohnes Alan scheint sie hart getroffen zu haben … Aufnahmen gab es danach nur noch wenige, dieses Album vom May 2002 klingt phasenweise aber schon wie ein Schwanengesang. Da ein Orchester dabei war, ging es für zwei Tage nach Prag mit Toningenieur Jay Newland. Produziert hat Merrill selbst, Daniel Richard ist als executive producer geführt. Erschienen 2003 ist das wohl auch ein Schwanengesang auf die grossen Gitanes-Zeiten (die dann beim wiederbelebten Impulse nochmal auflebten, aber das ist wohl auch schon seit einer Weile wieder vorbei – da läuft noch was, aber nicht mehr die Art von Produktionen, die ich meine). So zerbrechlich und zugleich verzaubernd, wie Merrill hier manchmal klingt, tönt auch die Trompete von Lew Soloff (und da meine ich dann auch zu verstehen, was soulpope in Sachen Brownie-Hommage mit Soloff vorgeschwebt haben könnte). George Mraz am Bass ist auch wieder dabei, Torrie Zito hat arrangiert und spielt mal etwas Keyboards und Klavier, und im Closer, Radioheads „You“, taucht auch Sohn Alan (g/voc) auf. Das Material ist wieder weit gestreut, neben ein paar Standards und Film-Songs („Wild Is the Wind“, „Something I Dreamed Last Night“) und den schon erwähnten Radiohead sind auch Ivan Lins („the Island) und Elvis Presley („Love Me Tender“, als Medley mit „How Sweet You Are“ von Loesser/Schwartz) vertreten, ebenso Barbara („Pierre“, französisch gesungen und von einer Zartheit, dass ich beim Hören fast etwas Angst um Merrill kriege – das einzige Stück ohne Orchester, nur mit Zito am E-Piano und Soloff an der Trompete) und Marian McPartland mit ihrem „Portrait of Helen Merrill“ – ich nehme an eine ihre Improvisationen aus einer „Piano Jazz“-Sendung, die dann von Torrie Zito notiert und arrangiert wurde (Merrill setzt hier aus, gespielt wird das Stück von Mraz und dem Orchester). Im Orchester finden wir übrigens nicht nur Streicher (grössere Kammerorchester-Besetzung: 7-7-4-4, keine Kontrabässe, das ist Mraz‘ Job) sondern auch doppelt besetzten Flöten und Klarinetten, eine Oboe,d rei Hörner, Percussion und Harfe. Auch das ein Album, das etwas Zeit zum Reifen brauchte, aber mir längst sehr, sehr gut gefällt.

das ist ein bisschen helen merrills LADY IN SATIN, glaube ich. kein konzeptalbum diesmal, nur die idee: orchester. über das material wird sie aber wieder lange nachgedacht haben: ivan lins, radiohead („you“ von PABLO HONEY, in der track-umfrage hier auf dem drittletzten platz gelandet, mt nur einer nennung) und dann noch die transkription eines spontan improvisierten porträts durch marian mcpartland (hier gibt es die sendung, von 1995, muss ich mal hören – es gibt auch eine mit shirley horn, leider keine mit lincoln/carter/bey oder scott). sehr schön alles, was ein viel zu schwacher begriff ist. wieder ein opakes cover. vielleicht nimmt sie ja doch noch ein neues album auf.

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