Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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vorgarten

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gary thomas, pariah’s pariah (1998)

war kurz versucht, zu jeff palmer zu wechseln, bleibe aber doch lieber bei den saxern, die die harmonieinstrumente aus ihren bands geschmissen haben, hier sind es gleich zwei, gary thomas und greg osby, dahinter spielt michael formanek einen autoritären, die marschrichtung vorgebenden bass und john arnold reiht sich in die schlagzeuger mit rock-zugang ein, für die thomas ja eine vorliebe hat(te) (dennis chambers, terri lyne carrington).

faszinierendes album, ziemlich einzigartig, habe ich damals exzessiv gehört. war ein bisschen das versprechen, dass m-base sich von steve coleman abgesehen nochmal interessant entwickelt, allerdings ist PARIAH’S PARIAH bis heute thomas‘ letztes leader-album geblieben. er spielte eine reihe von alben für jmt ein, wechselte dann zum folgelabel winter & winter, 2001 erhielt er einen ruf zum leiter der neu gegründeten jazzabteilung des peabody-instituts an der john-hopkins-uni in baltimore (seiner geburtstadt), ein prestigeträchtiger job, den er 2017 hinschmiss, offenbar, weil er sich als afroamerikaner und repräsentant eines jazzstudiengangs nicht ernstgenommen fühlte.

das album ist hart, wie immer haben die kompositionen von thomas eine melancholische wut, es sind tolle melodielinien, für zwei stimmen geschrieben, die über den harten (aber swingenden) grooves liegen. thomas und osby spielen lick- und klischeefrei, bauen eigenartig verwinkelte gebilde, die manchmal in ihrer intensität kaum durchzuhören sind. es liegt aber auch viel schönheit darin, nicht nur, wenn thomas zur flöte greift. das ist mal wirklich originelle musik, die man sich ohne entwicklungen seit den späten 80ern nicht erklären könnte, jedenfalls nicht vollständig.

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