Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Ja, die Trefferquote ist beachtlich, auf jeden Fall! Dass es mal nicht komplett aufgeht, kann schon mal passieren – ist aber auch echt klein schwaches Album. Auf dem Papier halt dasjenige von Escoudé, bei dem ich persönlich am meisten erwarten würde. Und das wird dann nicht eingelöst.

Bin zwei Runden weiter – gestern noch:

Christian Escoudé – At Duc des Lombards | Das Orgeltrio-Live-Album – also auch höchste Erwartungen, und die werden meistens eingelöst. Nur die Momente, in denen Emmanuel Bex an der Orgel die billigen Midi-Effekte auffährt, mag ich nicht so sehr, aber zum Glück passiert das nicht allzu häufig (und manchmal ist es gar nicht so unpassend). Wo war der Orgeljazz in den Neunzigern war ja so eine Frage … Joey DeFrancesco wurde erwähnt, der später auch mit André Ceccarelli und Bireli Lagrène aufgenommen hat. Ich kenne aus den Neunzigern nur „Goodfellas“, die zwei anderen eher zufällig angesammelten DeFrancesco-Alben stammen wie auch das richtig gute „Open Gate“ von Bex mit Francesco Bearzatti und Simon Goubert aus den Nullern. Und Barbara Dennerlein habe ich nie wirklich verstanden. Larry Goldings hatten wir kurz, der war (damals? heute immer noch?) aber zugleich als Pianist unterwegs und bei mir liegt auch nur ein Album, das zwar noch 1999 aufgenommen wurde, plus das ECM-Trio mit Scofield/DeJohnette aus de Nullern). Nicht mal bei Rhoda Scott war in den Neunzigern viel los, mir liegen nur grad das Duo mit Michel Rover und „Feelin‘ the Groove“ von 1993 (rec) mit Houston Person und Steve Phillips vor.

Jetzt:

Christian Escoudé – A Suite for Gypsies | In den Liner Notes zu „Hell’s Kitchen“ steht was von „concerted jazz“ – ich hatte ja die schlechte Übersetzung schon moniert, hier ist „jazz concertant“ gemeint, also sowas wie Jazz auf der Konzertbühne wohl. Und so kommt mir dieses Album vor, obwohl es sich wieder auf die ganz-und-gar-nicht konzertierte (huch!) Tradition des jazz manouche bezieht. Drummer Bruno Ziarelli, den ich im Trio eher den Schwachpunkt finde („functional“, um Monk zu bemühen) legt hier ordentlich los, vielleicht angespornt durch das doppelte Virtuosentum, das Escoudé wie auch Joachim Kühn mitbringen (ihre kollektiven Impros werden auch mal so dicht, dass die Rhythmusgruppe sinnvollerweise Pause macht). Zur Band gehört noch Ferenc Bokány am Kontrabass, sowie ein Streichquartett (Florin Niculescu, Debora Seffer, Lina Bossatti und Vincent Courtois, der auf „Gypsy Waltz“ von 1990 auch schon dabei war). Im Booklet gibt es nicht nur eine Bildergalerie, die zeigt, dass alle viel Spass hatten im Studio (ausser beim Gruppenportrait, da gucken sie alle sehr ernst) und Kommentare von Escoudé zu jedem Stück. Die titelgebende Suite ist 22 Minuten lang und geht durch mehrere Sätze, manches notiert, anderes improvisiert. Danach gibt es „La Folle“ von Baro Ferret/Jo Privat, drei Stücke von Escoudé (eins davon ein unbegleitet an der akustischen Gitarre) und eines von Niculescu (im Trio mit Escoudé und Bokány). Schön!

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba