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Billy Cobham – The Art of Three | Wo grad etwas Kenny Barron lief … ist zwar von 2001 (aufgenommen und veröffentlicht), gehört für mich aber noch in den 90er-Komplex im weiteren Sinn (der Bruch bei mir war wohl erst so um 2002/3 herum, als ich quasi in die Avantgarde rüberwechselte und Alben wie dieses höchstens noch als Gelegenheitskauf mitnahm. Aber ich hatte das wohl schon sehr baldd nach Erscheinen gekauft – vermutlich nach Lektüre von Peter Rüedis Kritik in der damals noch lesbaren Weltwoche – mit Lokalkolorit zum Einstieg:
Alles an dieser CD scheint so gewöhnlich, dass der wöchentliche musikalische Spezialitätenpräsentator sich in der Lage eines Gastrokritikers sieht, der die Vorzüge eines Bürlis und einer Bratwurst vom Grill vor Zürichs Vorderem Sternen preisen soll. […] The Art of Three, so heisst die auf dem süddeutschen Kleinlabel IN & OUT RECORDS erschienene Scheibe, ist noch eine Pianotrioproduktion. Noch eine Handvoll Standards, von Stella by Starlight bis Someday My Prince Will Come. Noch ein schnell produzierter Live-Mitschnitt, in diesem Fall aus zwei Konzerten im dänischen Odense und in Oslo. Allein, der Teufel steckt im Detail, der liebe Gott auch, und the kings can do no wrong, was heisst: Im Jazz kann man alles, vorausgesetzt, man kann es. Da ist dem omnipotenten Trüffelschwein Ladederach, dem wir den Tipp verdanken, nicht zu widersprechen: Bei aller scheinbaren Gewöhnlichkeit ist dies sozusagen eine Erklärung zum state of the art. Die drei älteren Herren, die sich hier zum ebenso lockeren wie schnell und eng geführten Gedankenaustausch treffen, sind, jeder auf seine Art, Weltmeister im Schwergewicht. Da das Hirn kein Muskel ist (Peter Bichsel), wird daraus allerdings kein nostalgischer Veteranenrückblick auf vergangene Heldentaten, sondern ein Diskurs auf der aktuellen Höhe der Kunst: reine Gegenwart, Geistesgegenwart. […]
Die Überraschung dieser grossmeisterlichen Trio-CD ist der nominelle Leader, der Schlagzeuger, der seit seiner Zusammenarbeit mit Miles Davis auf Bitches Brew, Live-Evil etc. als der Fusion-Spezialist schlechthin gilt, als die Kapazität des Jazz-Rock: Billy Cobham. Hier nun wird diese Produktion ganz aussergewöhnlich. Cobhams Verwandlung zum Kammermusiker ist eine wundersame und wunderliche Metamorphose, zumal er auch im intimen Dreieck an seinem grossen Instrumentarium festhält.
„Ich wollte mehr lernen über die Dimensionen des Schlagzeugs und wie die sich direkt auf die Musik auswirken, und ich erinnerte mich, wie er auf dem grossen Instrument die Dynamik kontrolliert.“ Das Resultat ist so umwerfend überraschend, dass sich mit jedem dieser acht Titel jeder Blindfoldtestwettbewerb gewinnen liesse. […]
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba