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Hier wurde (in der Karthause Ittingen) einer jungen russischen Cellistin, die sich explizit gegen den Angriffskrieg geäussert hat, ein Spielverbot erteilt (Konzert abgesagt) – mit der Meldung, dass sich dies explizit nicht gegen die Künstlerin richte
Ittinger Sonntagskonzerte. Das Konzert vom kommenden Sonntag, 20. März mit Anastasia Kobekina und Jean-Sélim Abdelmoula findet nicht statt.
Das Ittinger Sonntagskonzert vom 20. März findet nicht statt. Die Geschäftsleitung der Stiftung Kartause Ittingen hat entschieden, das Konzert der Cellistin Anastasia Kobekina zusammen mit dem Pianisten Jean-Sélim Abdelmoula abzusagen.
Grund dafür ist die Kontroverse um den Auftritt russischer Künstlerinnen und Künstler beim aktuellen Weltgeschehen generell, wie sie an führenden Konzerthäusern Europas entfacht wurde. Weder wollen wir die Nähe von Musikerinnen und Musikern zu den Kriegsverantwortlichen einschätzen müssen, noch sollen Künstlerinnen und Künstler Statements abgeben müssen, mit denen sie unter Umständen nahestehende Menschen gefährden. Kein Grund für die Konzertabsage ist die junge Musikerin selbst.
Die politische Situation erfordert aber ein klares Bekenntnis, auch von uns. Wir verurteilen den Krieg Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste. Mit der Absage drücken wir unsere Betroffenheit und Überzeugung aus, dass eine übliche Tagesordnung nicht möglich ist. Gleichzeitig möchten wir ein Zeichen setzen, ohne dass ein junger Mensch und eine grossartige Künstlerin in der Person von Anastasia Kobekina politisch instrumentalisiert wird. Wir bedauern sehr, dass Anastasia Kobekina und Jean-Sélim Abdelmoula unter unserem Entscheid leiden müssen.
Selbstverständlich werden alle vertraglichen Bedingungen erfüllt und die Gagen vollumfänglich vergütet.
Unsere Beweggründe waren, dass gut zehn Tage vor unserem Konzert die Kontroverse um russische Künstler und ihre Nähe zu Putin beispielsweise am Opernhaus Zürich losging. Das war auch der Zeitpunkt für eine Reaktion irgendwelcher Art für unser Konzert. Es ging darum, einen Entscheid zu treffen, eine spätere Absage wäre logistisch nicht mehr möglich gewesen.
Die Frage, welche sich uns stellte, war, wer entscheidet, ob eine Künstlerin genügend Distanz zu Putin hat und ob sie sich denn exponieren soll, indem sie ein Statement abgibt, weil es von ihr erwartet wird, und sie damit allenfalls Repressionen in Kauf nimmt. Wir können das nicht, wollten das nicht müssen und entschieden uns deshalb für eine Absage des Konzerts. Wenn das Konzert einen Monat später stattgefunden hätte, wäre die öffentliche Meinung gemacht gewesen und wir hätten uns einreihen können und unser Entscheid sähe vielleicht anders aus. Mit der Absage wollten wir die Künstlerin schützen. Das war unsere Botschaft. Der Entscheid war nie gegen Frau Kobekina gerichtet oder gegen russische Künstlerinnen und Künstler generell.Gekaufte Tickets werden zurückerstattet. Das Geld von Besucherinnen und Besuchern, die auf eine Rückzahlung verzichten, spendet die Kartause Ittingen der Glückskette «Sammlung für die Ukraine».
https://www.kartause.ch/de/konzerte-in-der-kartause-ittingen
Da sind einige Leute im Denken echt überfordert. Aber nach zwei Jahren Pandemie ohne wesentlichen Wissenszuwachs, und nach einem halben Jahrhundert Wissen über die kommende Klimakrise ist das alles ja leider nicht weiter verwunderlich. Mich stimmt es trotzdem traurig.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba