Re: Marius Müller-Westernhagen

#1171857  | PERMALINK

pheebee
den ganzen Tag unter Wasser und Spaß dabei

Registriert seit: 20.09.2011

Beiträge: 35,359

Mick67Hää? Jedes Konzert ist eine Inszenierung. Was denn sonst? Sogar der Prinz Heinrich Mütze tragende Folkie mit Akustikgitarre inszeniert sich.

Also nochmal, die Westernhagen Konzerte, die ich gesehen habe, waren so inszeniert, dass die Dramaturgie immer absolut gleich war. Ein Folkie reagiert vielleicht während seiner Inszenierung auf Dinge, die während seines Auftritts passieren und geht evtl. sogar drauf ein, aber da war jede Bewegung bis in den kleinen Finger 100% geprobt und eingeübt. Ich konnte ihn beobachten und selbst Dylan, der auf der Bühne als abweisend gilt, zeigt mehr spontane Regung. Außerdem hatte ich auch Vergleichsmöglichkeiten zu den Konzerten der 80er Jahre. Da war er viel natürlicher und menschlicher. Jede Show das gleiche Programm, wie ein Film eben. Kein Platz für Variationen. Die Masse hat das ja auch geliebt und die Reaktionen waren euphorisch. Mich hat das befremdet.
Der Vorteil ist: jeder Konzertbesucher (und das waren wohl Millionen über die Jahre) bekam die gleiche Qualität und „sein“ Konzert.

Schmal96Wie findest du denn seinen restlichen Backkatalog?
Gibt ja auch Alben vor Halleluja, vor allem seine Synthie/New Wave Alben wurden ja kritisch beäugt, Ich finde dagegen die „Lausige Zeiten“ gut bis sehr gelungen

Für mich gibt es es folgende Phasen:
die ersten 3 Alben endeten irgendwie in der Sackgasse, weil einerseits dieses Liedermacherimage bemüht wurde und andererseits musikalisch Herbolzheimers Bigband Sound alles platt gemacht hat. Die erste ist ok, Nr. 2 + 3 kann ich heute nicht mehr am Stück durchhören.

Dann kam Lothar Meid und die erste Müller-Mania begann. Pfefferminz, Sekt oder Selters u. Stinker gehören zu den Highlights seines Katalogs. Allerdings finde ich manche Texte, die ich früher witzig fand heute eher peinlich.

Das Herz eines Boxers und Geiler is schon haben für mich wenig Höhepunkte und Lass uns leben ist abgenudelt ohne Ende. Die Sonne so rot mag ich auch heute noch, Lausige Zeiten gefällt mir nicht ganz so gut, ist mir zu kalt. Ich habe weiterhin Respekt vor dem Mut sich so radikal zu verändern.

Mit Westernhagen kam dann eine weitere Veränderung, die wohl stark mit seiner damaligen Frau Romney zu tun hatte. Für mich war das sein letztes, immer noch durchgehend hörbares Album bis Williamsburg (auch wenn ich Freiheit überspringen muss).

Halleluja war ok, danach wurde es für mich zunehmend belanglos und routiniert. Album, Tour oder Tour, Album, er war irgendwie im Reinhard Mey Modus.
Nahaufnahme sollte dann wieder eine Zäsur werden, aber die Platte finde ich wirklich einfach nur schlecht. Damit konnte ich noch weniger anfangen als mit Radio Maria.

--

Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better. Samuel Beckett - 'Cos music is for listening and not to stored away in a bloody cupboard.