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V: Der Höhepunkt
Ill Communication hatte den Beastie Boys 1994 endgültig den großen Durchbruch beschert. Ihre Fusion aus Funk, Punk und Hip-Hop, die zum überwiegenden Teil wieder mit klassischen Instrumenten geschaffen wurde, schlug ein wie eine Bombe. Sie waren die Band der Stunde, auf die sich – nicht zuletzt dank ihrer Authentizität – auch völlig konträre Lager der Populärmusik einigen konnten. Vom Enthusiasmus getrieben begannen im Anschluss an die erfolgreich absolvierte Tour auch schon die Planungen für die nächste Platte. Nachdem auf Ill Communication die Anfangszeit der Band in den frühen 80er Jahren durch die beiden Hardcore Punk-Tracks Tough Guy und Heart Attack Man gewürdigt worden war, schrieben die Jungs weitere Stücke der gleichen Marschrichtung – jedoch zu viele, um sie auf dem nächsten Album unterbringen zu können (auf dem sie stilistisch ohnehin keinen Platz gefunden hätten). Also schnitt man in klassischer Bandbesetzung unter Mithilfe des Drummers Amery Smith im Vorbeigehen eine EP mit und veröffentlichte sie auf dem eigenen Label Grand Royal. Aglio E Olio erschien Ende 1995 und war ein volles Hardcore-Brett, das so auch 15 Jahre zuvor hätte entstanden sein können: Schnörkellos und voll auch die Glocke. Passend dazu warnte ein Sticker auf dem Cover: „Only 8 tracks, only 11 minutes, only cheap $.“ Ein herrliches, frei von der Brust gespieltes Stück Musik, das selbstredend kein Hit wurde.
Nachdem erste Ideen für Hello Nasty im G-Son auf Tape gebannt waren, brachen die drei ihre Zelte in Los Angeles ab und gingen dauerhaft zurück in ihre New Yorker Heimat. Hier trafen sie auf den hochdekorierten DJ Mix Master Mike, der nach Mario Caldato und Mark Nishita fortan ein weiterer Langzeitkollaborateur werden sollte. Als neuen kreativen Mittelpunkt mieteten sie sich für Proben und Aufnahmen einen kleinen Raum im zweiten Untergeschoss eines Wohnblocks. Diese Örtlichkeit, dessen Charme sie später mehrfach als feuchtes und von Ungeziefer verseuchtes Loch beschrieben, ist auch im Video zu Three MCs And One DJ zu sehen. Auf die berechtigte Frage, warum man sich als gemachter Act ausgerechnet einen solchen Ort auswählte, findet sich dagegen nirgendwo eine Antwort. Einhergehend mit dem neuen Arbeitsumfeld hatte sich auch die Arbeitsweise der Jungs verändert. Schufen sie ihre Musik früher grundsätzlich gemeinsam als Kollektiv, arbeiteten sie zu diesem Zeitpunkt nun regelmäßig alleine im Studio. Der eine entwickelte Ideen, schnitt sie mit und ging nach Hause. Dann kam der nächste, sichtete das Material, entwickelte es weiter und nahm wiederum neue Ideen auf. Auf diese Weise entstand allmählich das Grundgerüst von Hello Nasty. Für die finalen Aufnahmen fanden sie schließlich durch die Vermittlung von Sean Lennon einen professionellen Proberaum, den dessen legendärer Vater in den 70er Jahren regelmäßig nutzte. Das in ruhmreichem Ambiente finalisierte Album erblickte schließlich im Sommer 1998 das Licht der Welt. Mit seinem bunten Stilmix, der um elektronische und lateinamerikanische Elemente erweitert wurde, und den kaleidoskopartigen Arrangements sollte es das musikalisch vielschichtigste Werk der Beastie Boys werden. Befeuert durch die vorab ausgekoppelte Übersingle Intergalactic und das zugehörige, abermals so typisch schrille Video entwickelte sich das Album zum Megaseller und wurde die erfolgreichste Veröffentlichung der Gruppe seit dem Debüt Licensed To Ill von 1986.
Als logische Konsequenz beraumten die Jungs ihre nächste Tour an, die sie für die nächsten zwei Jahre quer über den gesamten Globus führen sollte [1]. Aufgrund des großen Zuspruchs bespielte man nun wieder die großen Arenen und entwickelte hierfür ein technisch neues Bühnenkonzept. Dieses beinhaltete eine kreisförmige Stage, die in der Mitte der Location errichtet wurde, wodurch die maximale Entfernung zwischen Zuschauern und Band halbiert und die „guten“ Plätze gleichzeitig verdoppelt werden konnten. Das Equipment wurde in der der Mitte der Plattform auf einer Drehscheibe platziert, die sich im Zehnminutentakt um 90 Grad drehte. Diamond, Horovitz und Yauch agierten als MCs dagegen auf einem fixierten Außenring, auf dem sie sich frei bewegen konnten. Die Tour sollte den kommerziellen Höhepunkt der Karriere der Beastie Boys darstellen und war gleichzeitig ein triumphaler Ausklang der 90er Jahre, die sie so entscheidend mitgeprägt hatten.
[1] Im Verlauf der Tour erschien 1999 noch der Non-Album-Track Alive als Single, welche dann die letzte Veröffentlichung innerhalb dieser Dekade sein sollte.
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"Really good music isn't just to be heard, you know. It's almost like a hallucination." (Iggy Pop)