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II: Durchbruch und künstlerische Sackgasse
Das 1983 veröffentlichte Cooky Puss wurde tatsächlich ein keiner Clubhit des New Yorker Undergrounds, während sich der Hip-Hop rasant zu einem essentiellen Eckpfeiler des kulturellen Lebens im Big Apple entwickelte. Die Beastie Boys waren Feuer und Flamme und warfen ihre Hardcore-Ambitionen alsbald über Bord. Wenn auch nur musikalisch, denn der Haltung und Attitüde des Punks sollten die Jungs während ihrer gesamten Karriere treu bleiben. Dieses äußerte sich aber zunächst vor allem in einem etwas fehlgeleiteten Image als „Partycrew“, das sie sich selbst mit der Brechstange zuzulegen versuchten. Dieser Entwicklung fiel auch Kate Schellenbach zum Opfer, die ohne große Vorankündigung aus der Band geworfen wurde. Ein Schritt, den die Band im Nachhinein als schäbig und als einen Fußtritt für die enge Freundschaft bezeichnete, die sie eigentlich mit der geschassten Drummerin verband. Den Kernvers ihres ’94er Klassikers Sure Shot widmete Yauch später bedauernd insbesondere der ehemaligen Weggefährtin:
„I want to say a little something that’s long overdue
The disrespect to women has got to be through
To all the mothers and the sisters and the wives and friends
I want to offer my love and respect to the end.“
Ohne Schellenbach, dafür aber mit dem Studenten Rick Rubin im Gepäck, setzte man die Mission fort. Rubin entstammte ursprünglich ebenfalls der Punkszene, jedoch liefen sich die Beteiligten zu diesen Tagen nie über den Weg. Als DJ Double R begleitete er die Beastie Boys fortan während ihrer sporadischen Gigs und half insbesondere dabei, die Rap-Skills der drei Teenager zu formen. Das Rappen an sich zu lernen, war für die Beasties harte Arbeit und sollte viel Zeit in Anspruch nehmen.
Zwischenzeitlich gründete Rubin zusammen Russel Simmons das Label Def Jam Recordings, dessen zweite Veröffentlichung die im Jahr 1984 aufgenommene Single Rock Hard der Beastie Boys werden sollte. Der Track dokumentiert ihre ersten, eher schlecht als recht geratenen Gehversuche als Hip-Hop-Act: Rubin produzierte einen Beat und legte ein Sample des AC/DC-Tracks Back In Black darüber, während MCA, Mike D und Ad Rock dazu „rappten“. Doch fehlte hier noch nahezu jeglicher Flow und die verbliebenen Beteiligten bezeichnen ihre damaligen Reimkünste heute etwas beschämt selber als eher „angestrengtes Schreien“. Die Single floppte. Nicht einmal die wohlgesonnenen Clubs, die Cooky Puss aufgelegt hatten, spielten der Titel.
Im Herbst 1985 folgte mit She’s On It die zweite Single auf Def Jam. Rubin arbeitete zu der Zeit als Produzent mit der damals größten New Yorker Rap-Gruppe Run-DMC, von denen sich die Beastie Boys viel im Studio abschauten. Qualitativ waren in vielerlei Hinsicht bereits Steigerungen auszumachen, dennoch erregte der Track vor allem durch das klischeebehaftete Video Aufmerksamkeit, das das gewählte Partyimage und den Bekanntheitsgrad der Band weiter verfestigen sollte. Durch eine Verkettung glücklicher Zufälle kam die Gruppe schließlich an ihre allererste Tour: Im Vorproramm einer aufstrebenden Künstlerin namens Madonna sollten sie erstmals in ihrer Karriere außerhalb ihrer New Yorker Heimat auf der Bühne stehen. Eine weitere Tour mit Run-DMC folgte.
Während sich ihre stimmlichen Fertigkeiten immer weiter entfalteten, entdeckten Diamond, Yauch und Horovitz verstärkt auch ihr Talent, eigene Beats und Samples zu bauen. Rubins Rezept des „Rock-Raps“ mit über die Beats gesampelten oder selbst eingespielten Riffs blieb zwar bewährt, wurde aber durch den Innovationsgeist der Jungs mehr als ergänzt: So basiert Paul Revere auf einem rückwärts abgespielten Beat, der diesen sonderbaren vakuumisierenden Effekt entfaltet, und das völlig verrückte Brass Monkey avancierte zu einem der ersten Vorläufer des „Miami Bass“. Und so nahm das Debütalbum allmählich Gestalt an und wurde letztendlich Ende 1986 veröffentlicht. Der Rest ist Geschichte. Licensed To Ill verkaufte sich wie geschnitten Brot und wurde ein Kernelement der zweiten Generation des Hip-Hop. Fünf Singles wurden ausgekoppelt, und allein in den USA verkaufte sich die Platte bis heute über 10 Millionen mal. Die Beastie Boys waren über Nacht zu Superstars geworden. Es folgte eine gigantische Tour, die sich über acht Monate erstreckte und keine Grenzen kannte: Frauen in Käfigen, hektoliterweise verspritztes Dosenbier, ein hydraulischer Riesenphallus und viel Ärger mit den Ordnungshütern, der in einem mehrtägigen Gefängnisaufenthalt von Ad Rock gipfelte. Man hatte es allen gezeigt. Aber die Beastie Boys waren ausgebrannt und ihres eigenen Images überdrüssig [1]. Das Konzept war ausgelutscht und trotz des riesigen Erfolges wurde die Band als Eintagsfliege gehandelt. Diamond, Yauch und Horovitz waren jedoch schlau genug, um das zu erkennen und aus der kreativen Sackgasse auszubrechen. Die Zeichen standen auf Veränderung…
[1] „Nach dieser Tour haben wir (You Gotta) Fight For Your Right nie wieder live gespielt. Zum Teil, weil der Song repräsentativ für eine Zeit stand, in der uns die Dinge ein bisschen entglitten sind […]. Es hat dann generell eine ganze Zeit gedauert, bis wir die guten Seiten dieses Albums wieder anerkennen konnten.“ (Adam Horovitz)
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"Really good music isn't just to be heard, you know. It's almost like a hallucination." (Iggy Pop)