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shanks
West Side Story – Steven Spielberg
Wie nicht anders zu erwarten, sehr toll.
West Side Story (Steven Spielberg, 2021)
Hier ebenfalls. Allerdings ist sehr toll fast noch etwas untertrieben. Wir sehen einen fantastischen Cast. Rachel Zegler ist eine Maria, die Herzen zum schmelzen bringt, Ariana DeBose als Anita ist großartig in Freude und Schmerz, David Alvarez als Bernardo und Mike Faist als Riff verleihen den Figuren eine Tiefe, die sie von der Funktion in der Story her gar nicht bräuchten. Rita Moreno, die frühere Anita, jetzt als Valentina (die Frau des Doc, die diesen ersetzt) wiederzusehen ist wunderbar. Lediglich Ansel Elgort als Tony konnte mich stimmlich nicht zu einhundert Prozent überzeugen, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Dafür ist nämlich der Gesang so harmonisch in die Handlung integriert, das Spiel der Darsteller auch beim Singen so überzeugend und in der Rolle wie ich es selten gesehen habe in einem Musical. Daher gibt es so viele wundervolle Sequenzen, dass ich gar nicht in der Lage bin, ein paar besonders herausragende zu nennen, ohne mir unfair vorzukommen. Vielleicht darf ich als primi inter pares die Szenen zu America, Tonight, Tonight Quintet, Gee, Officer Krupke, I feel pretty und Cool nennen.
Die im Vergleich zum Original regelrecht entfesselte Kamera verleiht Spielbergs Version eine Dynamik, die dem Original fehlt (was freilich bisher mangels Vergleichsmöglichkeit nicht auffiel). Allein die Sequenz zum Song America unterstreicht meinen Punkt ausreichend, steht aber nicht alleine da. Ebenso großartig sind Farb- und Lichtgestaltung, die jederzeit die Geschichte unterstützen. Dass der Ton bei einem Musical gut sein sollte, versteht sich von selbst, aber wie gut er ist, treibt einem Tränen der Freude in die Augen. Das gilt für die Mischung, das gilt für die Soundeffekte (der tödliche Schuss am Ende!) und natürlich auch für den Gesang und das gesprochene Wort. Die Mischung aus Spanisch und Deutsch (in meinem Fall, denn die OV läuft hier nicht) ist so gut gelungen, dass die nicht vorhandenen Untertitel nicht fehlen, obwohl keineswegs spanische Sätze einfach auf Deutsch wiederholt werden. Richtig schlimm sind allerdings die Untertitel zu den Songs, die nicht nur nicht wörtlich übersetzt sind, sondern den Sinn der Texte teilweise entstellen. Besonders schlimm ist das bei America, dem Song wird im Untertitel jede Ironie, jeder kritische Aspekt genommen. Das schmerzt umso mehr, als das Spielberg im Vergleich zur 1961er Version ja deutlich politischer und sozialkritischer ist.
Ich könnte jetzt noch lange weiter schwärmen, doch der Wecker geht morgen sehr früh. Daher bleibt mir nur noch, 10/10 Punkten zu vergeben und mit großen Songs im Ohr ins Bett zu gehen. Gute Nacht!
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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame