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wenzel@ Showgirls Ja, der Film sieht gut aus, wie alle Filme von Verhoeven. Ändert aber nichts an der banalen Handlung, den lächerlichen Dialogen und der miserablen Führung der Darsteller. MacLachlan hat sich später geschämt. Reininterpretieren kann man da natürlich so einiges, wobei Kritik am American Dream aber auch nicht so ein wahnsinnig originelles Thema ist. Liegt vielleicht aber auch alles daran, dass mich das Schicksal von ambitionierten jungen Frauen aus der Lower Class nicht so sehr berührt wie einige andere hier.
Nein und deshalb ist es immer gut Interviews anzusehen. Er sagt „at the time i thought it was a pretty big embarassement“. Vor allem im Zusammenhang mit dem Kurzinterview hört sich das so an, als ob er Frieden mit dem Film gemacht hat. Ihm ging es aber wie dem amerikanischen Publikum, auch er wurde aufs Glatteis geführt. Verhoeven hat ihm vermittelt dass er seine Szenen ernsthaft spielen soll: „“It had to be taken seriously as we were filming it. Only when it was assembled and I saw it for the first time, I thought, ‘Oh boy, this isn’t going to be pretty.’“ McLachlans Erwartung an den Film war eine künstlerische, keine Honigfalle.
B.tw.: McLachlan kannte das Drehbuch mit seiner banalen Handlung. Und natürlich muß die Handlung banal sein, sonst funktioniert das ganze doch gar nicht. Natürlich müssen die Dialoge „lächerlich“ sein, aus demselben Grund. Alles andere hätte doch die authentische Darstellung untergraben.
Verhoeven und seine Crew haben vor den Dreharbeiten in Las Vegas über 50 Leute aus dem Business interviewt um einen möglichst realistischen Eindruck über das Geschäft zu vermitteln.
Und sorry, wie willst denn du beurteilen, wie Verhoeven seine Schauspieler führt? Meinst du er hat das plötzlich verlernt? Wie hat er denn seine Schauspieler in Starship Troopers geführt?
Das verlinkte Interview mit Verhoeven/Gershon ist ein super Einblick in die Produktion. Gershon spricht sehr positiv über den Film und auch dessen positiven Einfluss auf ihre Karriere. Gershons Rolle in dem Film war aber die des abgebrühten zynischen Showstars, an dem sich das gemeine Publikum nicht reiben konnte, schließlich wurde sie nicht als das Dummchen vom Land dargestellt. Da interpretiert hier niemand was rein, was nicht offensichtlich drin ist, Wenzel.
Dazu kommt dass Verhoeven mit Showgirls seiner Zeit voraus war. Und damit meine ich nicht die Kapitalismuskritik…die gab es schon vorher. Aber diese Wechselbeziehung Frau/Arbeitgeber und der Mißbrauch in einem Business in dem Sex nur für Macht und Kohle eingefordert wird, so schonungslos darzustellen, über 20 Jahre vor dem Epstein/Weinstein/Maxwell Skandalen, die zu einer Flut von Mißbrauchsvorwürfen in der Showbranche führte, war mutig. Ob es dir gefällt oder nicht.
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko