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Colin Vallon Trio – Rruga | Seltsam, das wieder zu hören – ist inzwischen aus einer vergangenen Epoche. Jedenfalls ist ja Schluss mit Vallon und Duni (ihr Partner auf dem jüngsten ECM-Album ist auch ihr neuer Lebenspartner, oder war’s zumindest kürzlich mal, geht ja niemand was an), und während letztere bei ECM weitermacht, scheint Vallon raus zu sein – und sein Trio scheint auch nicht mehr gross zu touren, ich habe ihn jedenfalls ziemlich aus den Augen verloren, was ich sehr bedaure.
Dieses Album ist das zweite mit Moret und Rohrer, ich mochte früher „Ailleurs“ auf Hat immer eine Spur mehr, dafür wird mir heute (gestern zur Nacht lief die CD auch schon wieder) klarer, dass hier die Entwicklung zum Kollektiv wohl weiter fortgeschritten, die Bedeutung der Beiträge der beiden Mitstreiter gestiegen ist. Auch habe ich die Musik des Vallon-Trios inzwischen mit dem spitzer klingenden Schlagzeug von Julian Sartorius im Gehör, nicht mit den dumpfen, flächigen Beckenklängen von Rohrer (den ich damals aber über alles liebte).
vorgarten
gypsy-tail-wind Aber „Mirrors“ ist halt irgendwie zugleich auch der siebzehnte Aufguss von „Ballads“, die Coltrane-Nähe für meine Ohren hier immer wieder beinah gespenstisch.
ich glaube, der eindruck hat sich bei mir verflüchtigt, weil ich die lloyd-alben alle hintereinander gehört habe, da fallen dann die unterschiedlichen bands mehr auf und auch lloyd selbst ist schon immer ganz leicht anders
aber ich finde deine methode ja auch sehr spannend, hab ich ja nur bei den frühen ecm-sachen gemacht, da fiel mir die pluralität der abgebildeten musik auf. die frage wäre, in hinblick auf „10 jahre lang knallt es nicht“, ob sich da durch alle möglichen produktionen und musiker*innen hindurch doch sowas wie eine homogenität eingestellt hat. ich denke schon. und dann plötzlich mal tim berne, und dann holt man vijay iyer an bord… so richtig überzeugend ist das nicht. ein junger eicher hätte sich sofort um kris davis bemüht, vielleicht auch mal um ein paar schwarze bassisten (eric revis…), ich verstehe nach wie vor nicht, warum man nicht mal graham haynes darum bittet, seine hochindividuelle trickkiste auszupacken (wer, wenn nicht er, würde sich für ein solo-album empfehlen), die necks würden ja eigentlich auch gut passen. und sam harris veröffentlicht direkt auf bandcamp… es gibt noch andere labels, keine frage, aber ich finde halt, dass iyer & berne da gerade völlig insuläre erscheinungen sind. und das ganze unpolitische, „der reine klang“, wo doch die wirklich interessanten klangforschungen längst woanders stattfinden, und das männerlastige… egal![]()
Ja, interessant ist das schon alles … wobei es schon bei ECM noch „knallte“, aber es tat das dann eher nicht bei den ECM-typischen oder halbwegs klassischen Jazzalben, sondern eher, wenn Trovesi eine grosse Bläser-Banda eingeladen hat und seine Rhythmusgruppe dazu richtig aufdreht. Oder wenn Sclavis seine Youngster mal abrocken lässt. Die Homogenität höre ich also nicht unbedingt – dazu sind auch Leute wie Brahem oder Saluzzi zu anders (und zu gewichtige Stimmen, um sie bei einem Gesamtfazit zum Label zu ignorieren).
Überhaupt dünkt mich ja, sind die 80er die wahre Wunderkammer-Zeit des Labels, da ist Platz für unglaublich viel (von dem auch ich so manches überhaupt nicht kenne). Ich denke da gerade auch an die Europäer: Pepl/Pirchner, Joos mit Pepl, Doran/Wittwer, Koch/Schütz/Käppeli – und daneben Vesala oder Winstone, Hussain oder Hassell, Holland mit seiner besten Band, Bass Desires, aber auch noch der Ausklang der Afro-Amerikaner, der Ein-/Aufstieg von Frisell usw. Da passiert wahnsinnig viel und mich dünkt es ist Raum für mehr da als in den ersten Jahren (aber klar, nach Jahrzehnten zu gehen ist eine beliebige Vorgehensweise, die Zäsuren für Eicher waren wohl andere – keine Ahnung was, aber vielleicht z.B. der Weggang von Metheny, die Working Band von Holland und dass der plötzlich fix zum „roster“ gehört, dass Jarrett plötzlich keine Quartette mehr hat, dass Steve Reich und Arvo Pärt – einschlagen? Oder wurden allmählich die zu Longsellern, oder war’s gleich beides?)
Das Berne da plötzlich auftaucht finde ich übrigens auch spannend – kann ich mir bis heute nicht recht erklären (ebensowenig, dass er jetzt bei Intakt untergekommen ist). Das steht bei mir ja gleich an: die beiden Alben von Michael Formanek mit Berne und Taborn, das Debut von Taborn (solo), dann Berne selbst mit Snakeoil, dazu gab’s ja eins mit Torn (das lief hier schon, „Prezens“, kam zwar erst 2007 raus, aber ist schon 2004 in den Katalog einsortiert worden … inzwischen bin ich aber schon bei 2010/11, d.h. „Prezens“ ist trotz Verspätung ein Vorläufer dieser „Schiene“, von der nur Taborn noch dabei ist – der ja auch bei Roscoe Mitchell mitwirkte und also bei ECM quasi zweigleisig aufkreuzte, bevor er zum Leader wurde).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba