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vorgarten
gypsy-tail-windIch hätte wohl 20, nicht 30 Jahre schreiben sollen (1998 bis zum letzten Konzert 2017), aber es ist am Ende unerheblich. Die aus meinen Augen nicht immer nachvollziehbare VÖ-Politik fängt wohl mit „Tokyo ’96“ oder eher schon mit „Standards in Norway“ an. Was die Solokonzerte angeht, mag ich da gar nicht wirklich urteilen, die sind für mich ein Faszinosum, das ich aber nicht so gut kenne, als dass ich mir zutraue, da etwas wie einen Überblick zu haben. In den Liner Notes einiger Sachen (ich glaub z.B. bei der „Angels“-Box, aber auch bei Trio-Alben) kann man schon zwischen den Zeilen oder auch recht klar herauslesen, dass Jarrett wohl das letzte Wort hatte. Ab wann das so ist, weiss ich nicht, aber ich tippe mal, dass das seit seiner Pause sicher der Fall sein dürfte, vielleicht schon früher – er war ja für ECM vermutlich das, was Coltrane für Impulse war, und hat sicherlich einen besonderen Status beim Label.
was die vö-politik angeht, geht es da bestimmt um materialüberschneidungen in den konzerten (man braucht ja auch vom standards-trio nicht unbedingt 6 versionen von „autumn leaves“, das sie ja immer ein bisschen ähnlich angehen), dann gibt es halt die blue note box und damit verbunden die frage, wie viel more of the same jetzt noch raus musste – und da gibt es so hinweise darauf, dass jarrett bisher eher die auftritte kuratiert, um die herum es besondere geschichten gibt, etwas, was nicht der normalfall war: regen an der riviera, halbtotes, dann aufwachendes publikum in montreux, erster vorsichtiger auftritt nach der krankheit nah am heimatort, vielleicht die besonderen freiheiten in luzern, die sich trotz des übelklingenden raums ergeben. und immer wieder die abwägungen, wie schlecht darf etwas klingen, das bei ecm rauskommen soll – so in etwa stell ich mir die überlegungen vor, über die sich jarrett und eicher da verständigen. spannend wird es ja jetzt zu verfolgen, was nach dem traurigen karriereende passiert – ob da dann noch kuratiert wird und von wem, ob das eher die komplettbox der auftritte in den usa wird, von denen es den CHANGELESS-zusammenschnitt gibt, oder eben die 6.,7. und 8. version von „autumn leaves“.
Ok, das mit dem Repertoire ist wohl ein wichtiger Punkt (und der mit den Stories drum herum auch, den hatte ich aber selber schon im Auge) – aber auch etwas schade, irgendwi: Es gäbe ja – zumal wenn wir Jazzklassiker miteinbeziehen, was Jarrett ja tat – tausende Songs, die in Frage gekommen wären. Wenn ich mir vergegenwärtige, was Braxton an den neuen Abenden mit seime 2020 Standards Projekt gespielt hat, ist da wohl ähnlich viel Material drin, wie in all den Jahren des Standards Trios – diese vergleichsweise Reduziertheit des Repertoires fällt schon auf, ich hatte daran aber überhaupt nicht gedacht. Die „Box um ‚Changeless'“ wäre ja wiederum eine „Story“, eigentlich – vielleicht sollten wir die Eicher mal stecken, damit er das bei Jarrett tun kann
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba