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@NiteOwl: Ich nenne es Geheimratsecken :lol:
Plattenkritik zur neuen Sophia:
Tausend Tränen tief
Wer ist Sophia? „Robin Proper-Sheppard ist Sophia“, klärt das Presseinfo ebenso schlicht wie sachlich richtig auf. „Sophia ist Trauerarbeit“, erklärte Proper-Sheppard selbst einmal. „Sophia ist die Band, deren „If only“ den wunderschön-traurigen Schluß meines Lieblingsfilms ‚Absolute Giganten‘ untermalte“, sagt die Cineastensau. Und alle haben Recht. Proper-Sheppard, der Mann mit der brüchigsten Stimme seit Billy Corgan, ist derweil schon wieder ein ganzes Stück weiter und läßt uns an seiner neuesten Erkenntnis teilhaben: „People are like seasons“.Frauenzeitschriften erklären schon seit Jahren den Unterschied zwischen Frühlings- und Herbsttyp. Sie bleiben dabei oberflächlich und richten sich nach Augen- und Haarfarbe. Da Sophias Musik seit jeher alles andere als oberflächlich ist, ist das mit den Jahreszeiten hier aber ganz anders gemeint. Und auch die neue, dritte Platte klingt wie ein kalter, nebliger Novembertag. Aber irgendwie doch anders. Die Vorabsingle „Oh my love“ erweist sich unverhofft als etwas zickiger kleiner Bruder eines perfekten Popsongs, und „If a change is gonna come…“ klingt mit seinen Bratzgitarren und dem verzerrten Gesang fast nach dem Black Rebel Motorcycle Club. Dabei hätte doch eh niemand dem früheren Kopf von The God Machine vorgeworfen, ein Weichei zu sein.
Und dann singt er plötzlich „Holidays are nice“, sommerlich-poppig und geradezu gutgelaunt – bis die Einschränkung kommt: „If you’re the one / That’s leaving on an airplane / Or sitting on a train / Or just wasting time / Watching the clouds take shape.“ Aber irgendetwas sagt uns, daß sich Robin Proper-Sheppard selbst nicht dazu zählt. Er windet sich wie immer im Weltschmerz, ohne dabei auch nur annähernd peinlich oder nervig zu wirken. Zeilen wie „Yeah, I left you / Coz it seemed to hurt us less than if I stay“, könnten widerlicher Schmonz sein. Sie können aber auch Narben im Herz des gepeinigten Zuhörers aufreißen. Nur, um vom dazugehörigen Refrain wieder verschlossen und balsamiert zu werden. „I left you“ ist ein Lied wie ein Sonnenaufgang: von solcher Schönheit, daß man nur noch die Arme ausstrecken und davonfliegen will.
Nicht jedes der zehn Stücke berührt so intensiv, aber das wäre ja auch furchtbar: Man könnte die Platte kaum öfter als einmal hören, ohne danach gleich den Therapeuten aufsuchen zu müssen. So, wie sie ist, ist „People are like seasons“ genau richtig geworden. Es bleiben der garantierte Gänsehaut-Effekt, der Kloß im Hals und die feuchten Augenwinkel. Die Trauer und die Hoffnung. Der Winter und der Frühling. Four seasons in one day.
Quelle: plattentests.de
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