Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Ich höre gerade … Jazz! › Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!
Hall Russell NRG Ensemble – The Hal Russell Story | Dieses Album war für mich einst eine Offenbarung, die beiden anderen ECM-Scheiben (und weitere von Russell) kamen erst später dazu. Das hier ist eine Art musikalische Autobiographie, schliesst an die Jazz & Lyrik-Experimente von Mingus an, wäre vielleicht woanders (BVhaast?) eher zu erwarten gewesen, aber am Ende vermutlich nirgendwo anders möglich als bei ECM. Die „narration“ teilen sich Harold Luttenbacher (ts, ss, t, d, xyl, perc, gong, voc) und Mars Williams (ts, as, bsx, toy horns, wood fl, didg, bells, sounds). Brian Sandstrom (b, elg, t, toy horns, perc), Kent Kessler (b, tb)und Steve Hunt (d, vib, timp, perc) sind auch wieder dabei. Die Story ist in sechs Teilen angelegt, von der Kindheit und Jugend über die ersten Gigs und „fast company“, die „birth of the free“ bis zum NRG Ensemble. Dann folgen zwei Zugaben – jene, die die Gruppe bei der letzten Tour in Deutschland spielte. Auf dem Programm stehen wieder zahlreiche Hommagen: von Gene Krupa, Woody Herman und Benny Goodman über Mildred Bailey zu Charlie Parker Shorty Rogers und Shelly Manne, natürlich fehlen Miles Davis und Albert Ayler nicht, ein Segment zu Sonny Rollins wurde hingegen während der halbjährigen Genese der Musik wieder gestrichen, ebenso eines für Ornette Coleman/Dewey Redman. Aufgenommen wurde im Juli 1992 in den Hardstudios in Winterthur (knapp 20 Kilometer nordöstlich von Zürich). Und zwei Monate später, am 5. September 1992, starb Russell (sein Geburtsname war Harold Russell Luttenbacher – aber weil Luttenbacher auf den Marquees keinen Platz hatte …)
Im Gegensatz zu „Finnish/Swiss Tour“, wo mich der Eklektizismus des gebotenen manchmal ein wenig nervt, finde ich das nach wie vor ein äusserst beeindruckendes Album, das einen festen Platz in meiner Top 30 hat. Dem Solo-Album fehlt vielleicht etwas die Spielfreude der anderen, das Interplay – denn bei allen Plänen und ausgearbeiteten Passagen ist das freie, wilde, ungestüme Musik, in der immer Platz für die einzelnen Stimmen ist, die Fähigkeit, sich herauszulösen und wieder ins Ensemble zurückzufinden.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba