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herr-rossi
asdfjkloenun, ich denke, es geht (mir) sicher auch nicht darum, den alten Spruch „früher war alles besser“ in Szene zu setzen. Schon immer gab es bessere und weniger bessere Songs/Kompositionen… Mir geht es darum, dass dieser einst eher festlich gestaltete Wettbewerb an Niveau verloren hat, letztlich auch dadurch, dass der ursprüngliche Ansatz zunehmend in Vergessenheit zu geraten schien…
Was war denn der ursprüngliche Ansatz? Der Komponistenwettbewerb, der es anfangs sein sollte, war doch schon circa France Gall erledigt, da war für das Publikum der Künstler auf der Bühne entscheidend, die Performance und die Eingängigkeit des Songs, daran hat sich bis heute nichts geändert. „Rumgehampelt“ wurde auch schon in der „Goldenen Ära“ unentwegt und Gimmicks wie Sandies Barfüße, Björns Sternengitarre, Bucks Fizzens Trickkleid, Nicoles weiße Friedensgitarre usw. haben sich ins kulturelle Gedächtnis ebenso eingebrannt wie Conchitas Bart. Der Wendepunkt war 1998, denn damals verzichtete man auf das Orchester, um der Bühnenshow mehr Freiheit zu geben. Das war das Ende des betulichen Kurtheaters, seitdem haben wir das Spektakel, als das wir den ESC heute kennen. Und 1998 war auch das Jahr, in dem Dana International und Guildo Horn die offensive Campness in den Wettbewerb brachten. Der ESC war natürlich immer schon camp, bis dahin aber by accident.;) Dana und Guildo haben das Zeitalter der barbarischen Horden, der russischen Matronen und der bärtigen Dragqueens eröffnet. Und genau diese Mischung aus Spektakel und Karneval ist das, was dem ESC zu neuer Popularität verholfen hat, sonst gäbe es ihn schon längst nicht mehr. Stilistisch ist die Bandbreite seitdem enorm, von „Indie“ über Metal bis Ballermann ist immer alles dabei, und es gibt bei jedem Contest auch immer die zurückgenommenen, „musikalischeren“ Acts. Und die haben genauso große Chancen, gut abzuschneiden, wie die Lauten und Schrillen, es muss halt das Paket aus Performance und Song stimmen und beim Publikum europaweit klicken. Aber wie gesagt, der Bruch war schon 1998 – das sind jetzt 23 Jahre, fast eine ganze Generation. Und wir schauen trotzdem alle Jahre zu und diskutieren. Oder gerade deswegen?
Schöne Analyse, Rossi!