Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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motoerwolf

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Warnung, teilweise massive Spoiler enthalten. Links führen wie immer direkt zum Film.

Across My Land (Across My Land, Fiona Godivier, 2017)
In diesem Kurzfilm sehen wir einen Vater, der in Nogales seinen Sohn im Umgang mit einem Sturmgewehr trainiert und schließlich mit ihm auf eine nächtliche Patrouille entlang der Grenze zu Mexiko geht. Starker Kommentar zur Lage an der Grenze in der Ära Trump. 8/10 Punkten

Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert (Confessione di un commissario di polizia al procuratore della repubblica, Damiano Damiani, 1971)
In diesem Poliziottesco wird niemand lebendig eingemauert, aber immerhin postum in Beton eingegossen als Bauelement verwendet. Solche Verbrechen zu sühnen und künftige zu verhindern haben sich sowohl ein Kommissar als auch ein Staatsanwalt vorgenommen, aber das ist natürlich nicht leicht, wenn Mafia, Politik, Polizei, Justiz und Wirtschaft auf das engste miteinander verwoben sind. Daher misstrauen sich die Protagonisten auch gegenseitig, bekämpfen sich gar. Und verlassen dabei den Boden des Rechtsstaatlichen. Das ist düster, deprimierend, hoffnungslos und von Damiani großartig inszeniert. 9/10 Punkten

Das Rad (Das Rad, Chris Stenner / Arvid Uibel / Heidi Wittlinger, 2001)
Im Grund wird in diesem animierten Kurzfilm der alte Witz vom Planten erzählt, der von Menschen befallen ist und von seinem Nachbarn damit getröstet wird, dass sich dieses Problem von selbst erledigen wird. Hübsch gemacht. 6/10 Punkten

Der Schlachter (Le Boucher, Claude Chabrol, 1970)
Chabrols Psychodrama über einen durch über Jahrzehnte selbst erlebte Brutalität an der Seele zerstörten Schlachter hat mich ziemlich beeindruckt. Die Worte dieses Mannes sind oft monströs, wenn er zum Beispiel vom Krieg spricht, den er als Soldat erlebt hat. Seine Taten sind noch monströser, doch Chabrol zeigt dem Zuschauer kein Monster. Sondern einen verzweifelten Mann, der eigentlich Liebe sucht. Doch die Frau, die er begehrt, eine Lehrerin, ist selber nicht beziehungsfähig, also ist das Sehnen des Schlachters vergeblich. Seine Art der Bewältigung dieses neuen Traumas ist grauenvoll, die schlimmste Sünde, Mord. Dafür kennt er nur eine Form der Sühne, die endgültigste Strafe. Beichte gegenüber der Geliebten und Suizid. Der ganze Film ist hervorragend gemacht, aber die letzten ca zehn Minuten, in der die Lehrerin den sterbenden Schlachter zum Krankenhaus fährt, sind schlicht meisterhaft. Daher 10/10 Punkten.

Vier Fliegen auf grauem Samt (Quattro mosche di velluto grigio, Dario Argento, 1971)
Schöner Giallo mit einem starken Soundtrack, aber auch mit einer wirklich blöden Auflösung. Und damit meine ich nicht die Identität des Mörders, auch wenn diese arg konstruiert wirkt. Und auch nicht die irrwitzige Methode, mit der die Gerichtsmedizin dem Täter auf die Spur zu kommen hofft, sondern das Ergebnis dieser Untersuchung, die titelgebenden vier Fliegen. Denn diese widersprechen der inneren Logik der Untersuchung, die doch das letzte zeigen soll, was das Mordopfer vor dem Tod sah. Da hätte es (mal ganz vom Bildausschnitt abgesehen), nur eine Fliege sen dürfen. Aber egal, bei Argento ist Logik und das reine Betrachten der Geschichte eh der falsche Ansatzpunkt, und stilistisch finde ich VFAGS ziemlich gelungen. Daher 7/10 Punkten von mir.

Concrete Cowboy (Concrete Cowboy, Ricky Staub, 2021)
Hübsch fotografiert und sehr bemüht, politisch wirklich ganz korrekt zu sein. Dadurch ein wenig zu gelackt für meinen Geschmack. Deshalb in meinen Augen auch nur Mittelmaß, dementsprechend gebe ich nur 5/10 Punkten.

Sperrfeuer auf Planquadrat X (Doktor Mladen, Midhat Mutapcic, 1975)
Ein jugoslawischer Kriegsfilm, der die Geschichte des Partisanenführers Mladen Stojanović nachzeichnet, der im Zweiten Weltkrieg gegen deutsche und kroatische Faschisten kämpfte. Weniger auf internationalen Erfolg ausgelegt als zum Beispiel Die Schlacht an der Neretva mit Yul Brunner, Hardy Krüger und Franco Nero konzentriert sich Sperrfeuer auf Planquadrat X noch stärker auf den Aspekt des Bruderkrieges, der ähnlich wie der amerikanische Bürgerkrieg gerade wegen der gemeinsamen Wurzeln mit besonderer Härte geführt wird. Die Deutschen dagegen spielen kaum eine Rolle, sind stets nur im Hintergrund. Natürlich ist der Film patriotisch gefärbt, aber der Krieg wird nicht zum reinen Abenteuer verklärt, sondern ziemlich schonungslos gezeigt. 7,5/10 Punkten ist mir das Wert.

Wenn die Hölle losbricht (When Hell Broke Loose, Kenneth G. Crane, 1958)
Charles Bronson ist der Spieler Steve Boland, der dem Gefängnis entgeht, indem er zur Army geht, dort aber weiterhin eher dem Laster frönt als ernsthaft den Soldaten zu geben. Als er dann tatsächlich im Einsatz steht und gegen die Deutschen kämpfen muss, findet er ausgerechnet im Deutschen Reich die Liebe und dadurch zur Tugend. Natürlich bewährt er sich schließlich und wird sogar zum Helden. Das ist nicht ganz so furchtbar wie es sich anhört, wenn man bereit ist, aufgrund der Entstehungszeit ein paar Zugeständnisse zu machen. Wirklich bemerkenswert ist aber eigentlich erst der Abspann, der eingeleitet wird mit einer Texttafel, auf der folgendes steht: A GOOD CAST IS WORTH REMEMBERING. 5/10 Punkten

Battle at Big Rock (Battle at Big Rock, Colin Trevorrow, 2019)
Dieser Kurzfilm spielt nach dem Ende von Jurassic World: The Fallen Kingdom, dauert ca zehn Minuten und ist besser als beide Jurassic World-Filme. Kurze & knackige Dino-Action, nicht mehr, nicht weniger. 8/10 Punkten

Brightburn: Son of Darkness (Brightburn, David Yarovesky, 2019)
Was wäre, wenn Superman nicht edel und gut wäre, sondern mächtig und mächtig böse? Dieser Frage geht Brightburn nach. Hier wird wie in Smallville ein ausserirdisches Baby von einem Farmerehepaar adoptiert, doch als der Junge zwölf wird, entwickelt er sowohl erstaunliche Fähigkeiten als auch einen sehr unangenehmen Charakter. Daher entwickelt sich der Film zum Horrorfilm, und das mit ein paar wirklich fiesen Szenen. Eine davon hätte Fulci sicher geliebt, da darin ein Auge wirklich scheußlich leiden muss (und ich vor dem Fernseher auch, da kam wieder mein altes Buñuel / Dalí-Trauma aus Kindheitstagen zum Vorschein). Die Dynamik innerhalb der Familie hätte durchaus etwas mehr Raum vertragen, dann wäre der Film sicher noch eindrücklicher gewesen, doch auch so war ich recht zufrieden und gebe auch hier 8/10 Punkten.

James Bond 007 – Feuerball (Thunderball, Terence Young, 1965)
Nach den ganzen Moore-Bonds tat es richtig gut, Connery zu sehen. Natürlich ist Bond auch hier alles andere als politisch korrekt, aber Connery ist im Gegensatz zu Moore einfach nicht nur eine steife Kleiderpuppe. Seine Körperlichkeit ist eine ganz andere, er ist weniger der Typ eines Vertreters als ein animalischer Arschtreter. Und auch der Humor funktioniert mit ihm deutlich besser als bei Moore. Das macht immer noch keinen wirklich guten Film, reicht aber für 4,5/10 Punkten.

zuletzt geändert von motoerwolf

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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame