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Weil mit Schlafen wenig ging, nach zwei Tagen des Herumliegens und Dösens, ging es gestern noch ein paar Runden weiter … ein paar Wochen nach dem Album unter Kenny Drews Leitung (ich gebe dem vier Sterne, aber mir geht’s bei Drew generell so, dass er mit keiner Aunfnahme wirklich in den engeren Favoritenkreis kommt @soulpope ) trafen dieser und Mobley auf Kenny Dorham, mit dabei war wieder Paul Chambers (der hier einen erwähnenswert guten Job macht!) und neu Philly Joe Jones (der auf den nächsten beiden Mobley-Sessions dabei sein sollte, die vier Mobley-Sessions von 1960/61 mit Beigemüse – hochwertigem! – sind gerade das Zentrum davon, was hier läuft). Das Ergebnis, „Whistle Stop“, schrammt für mich tatsächlich nur haarscharf am Prädikat „Inselscheibe“ vorbei – und ich glaube, es wächst immer noch …
Danach hörte ich das zweite BN-Album von Dizzy Reece, das eigentlich an den Anfang (vor „Soul Station“) gehört hätte, denn es stammt vom November 1959, wenige Woche nachdem Reece in die USA ausgewandert war (und sich beim Hantieren mit seinem Gepäck gleich mal einen Finger so verletzte, dass er zunächst nicht spielen konnte). Das muss schon mal gesagt werden: bloss weil der Mann aus Jamaica dunkelhäutig war usw.: da kommt einer aus der europäischen Szene rüber und mischt vom ersten Moment an mit den allerbesten mit – wäre er ein Weisser, würde er deswegen bejubelt und hochgelobt, oder: „wäre … worden“, mit dem grossen Erfolg klappte es ja leider nie, was bedauerlich ist, denn Reece ist unbedingt hörenswert! Dabei sind auch hier Mobley, Kelly und Chambers … und Art Taylor, und der Mann mit dem quietschenden Hocker ist für mich halt wieder mal der Schwachpunkt (wenn er dabei ist, um das Thema Team nochmal aufzugreifen, klappt „greater than the sum of its parts“ für mich nur sehr selten). Also auch das ein Album, das mehr Potential gehabt hätte, aber im Endeffekt knapp an der erweiterten Bestenliste vorbeischrammen dürfte (muss es die Tage nochmal in Ruhe anhören, hatte es auch etwas besser in Erinnerung als es mir gestern gefiel).
Und weil auf der zweiten CD des Mosaic Select, aus dem ich die Reece-Alben seit langem höre, auch noch „Soundin‘ Off“ folgt, sein drittes Blue Note-Album (das vierte, „Comin‘ On“, erschien erst 1999 und dokumentiert übrigens den allerersten Auftritt von Stanley Turrentine bei Blue Note), lief das dann auch noch … Reece hat einen so schönen, vielfältigen Ton, und Ideen genug, um auch allein mit einer Rhythmusgruppe zu bestehen – für Trompeter damals ein eher seltenes Unterfangen. Walter Bishop, Doug Watkinst und – hier für mich wieder super passend! – Art Taylor begleiten ihn hervorragend, bilden als Rhythmusgruppe einen wunderbar dunklen Gegenpart zur funkelnden Trompete des Leaders.
Die (Un-)Bekanntheit von Reece hat sicher auch mit der Editionsgeschichte zu tun: nur sein erstes und viertes Album (die zwei Sessions von 1960, die 1999 erschienen – mengemmässig fast Alben nach damaligen Massstäben, bei Argo wären daraus z.B. locker zwei LPs gemacht worden) gab es in den USA bzw. Europa je auf CD, die wichtigsten beiden (die oben abgebildeten) hingegen tatsächlich nur in Japan und auf – auch nicht gerade zahlreichen – Vinyl-Reissues. Echt schade!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba