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@gipetto
Ich wollte zuerst „Sweet Jane“ erwähnen, erinnerte mich jedoch, dass du erst vor wenigen Tagen ein paar Zeilen zu diesem Song geschrieben hattest, weswegen ich jetzt mit „Oh! Sweet Nuthin'“ eine „unverbrauchte“ Nummer in den Ring schmeißen wollte. Die klangliche Spannweite könnte nicht größer sein, klar. Natürlich rumpelt „Run Run Run“ straight ohne anzuklopfen ins Zimmer und richtet sich schon nach den ersten Sekunden komplett auf, jedoch von einem recht uninspirierten Lick getragen, das ohne jegliche Varianz den folgenden vier Minuten die Spannung nimmt. „Run Run Run“ ist diese Sorte Aufnahme, die wirkt, als gäbe es sie nur, damit Reed noch ein paar Minuten länger über Drogen singen sowie weitere klirrende und scheppernde Gitarrentöne spielen konnte. Dies wird noch deutlicher, wenn zuvor und danach Monumente wie „Venus In Furs“ und „Heroin“ zu hören sind. Egal, wie unkonventionell das Korsett auch sitzt, „Run Run Run“ ist für mich lediglich auf der zweiten Tabellenhälfte des Debüts. Ich mag natürlich das Alternative und mein musikalisches Tagebuch wird seit knapp zwei Jahren davon bestimmt und der Bananenplatte sollte auch für ihren Einfluss auf das Andersartige auf ewig gedankt werden, doch bin ich trotz der alternativen Ader einer gewissen Songdienlichkeit treu geblieben. Eine atonale Kompositionsweise ist demnach nicht zwangsläufig ein Argument für die Habenseite. Zumindest bei mir nicht. Weswegen der Krach bei „European Son“ bei mir komplett ins Leere läuft, die Darbietung bei „Sister Ray“ jedoch durchaus kickt und hypnotisiert.
Und „Oh! Sweet Nuthin'“ ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass eine Band auch in „späten“ Schaffensphasen genauso vollendet (wie beispielsweise auf dem Debüt) klingen kann. 7:30 Minuten, die imstande sind, den Hörenden überall hinzutragen. Auch auf die höchsten Berge und darüber hinaus. So sehr ich Moe Tuckers Stil mag und schätze, aber es gibt wenige Lieder aus der Rockmusik, die einen lässigeren Groove im Schlagzeugspiel als „Oh! Sweet Nuthin'“ haben. Auch Doug Yules Stimme passt perfekt und trägt zum guten Aufbau des Liedes bei. Und wenn zum Schluss sich Leadgitarre und Drums nicht nur duellieren, sondern die stetige Steigerung in einem Knall kulminiert, ist es für einen Moment, als wäre musikalisch alles gesagt und als würde die Erde einen kleinen Augenblick brauchen, um sich wieder wie gewohnt weiterdrehen zu können.
Und nein, ich möchte gar nichts, egal in welche Richtung, hier beeinflussen, Niko. Listen auszuwerten, die nur meiner gleichen, wäre langweilig. Gerade die Unterschiede bringen doch erst die Spannung und Neugierde in das Thema. Ich war nur daran interessiert zu erfahren, ob ein Album aus dem Grund abgelehnt wird, weil es nicht dem Debüt gleicht oder allgemein nicht hörenswert ist. Und ich bleibe dabei, dass es schade ist, die Alben nach „White Light/White Heat“ nur zu brandmarken, da sie die Töne der ersten beiden Alben nicht wiederholen. Und die Idee eines zweiten „The Velvet Underground & Nico“ hätte doch niemals funktioniert.
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