Antwort auf: Vorsicht, Ansteckungsgefahr! Der Zombiefilm-Thread

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motoerwolf

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One Cut of the Dead (カメラを止めるな! / Kamera o Tomeru na!, Shin’ichirô Ueda, 2017)
Japanische Zombiekomödien sind mir bisher nicht besonders positiv aufgefallen. Stacy, Zombie Ass und wie sie alle heißen haben mich ziemlich kalt gelassen. One Cut of the Dead ist da ganz anders. Das fängt schon damit an, dass der dümmlich-verklemmte Sexploitationaspekt vieler japanischer Produktionen fehlt, was dem Film extrem gut tut. Außerdem gibt es zur Mitte hin einen Plottwist, der recht originell ist und den Film auf eine andere Ebene bringt, als der Zuschauer es bis dahin erwartet hat. Bis zu diesem Punkt muss man allerdings ein wenig Geduld mit OCOTD haben, der zunächst ein wenig verunglückt zu sein scheint. In gewisser Hinsicht ist er das auch, aber ganz anders, als man meinen könnte. Wem das hier jetzt alles zu kryptisch ist, dem sei gesagt, dass man den Film wirklich ohne weiteres Vorwissen schauen sollte, um sich selbst nicht um den vollen Genuss zu bringen. Daher schreibe ich nichts konkreteres, das wäre unfair euch gegenüber.

The Dead (The Dead, Howard J. Ford & Jon Ford, 2010)
The Dead ist ein sehr ruhiger Zombiefilm, und zwar in vieler Hinsicht. Es gibt nur wenig Dialog, nicht zuletzt weil es über weite Strecken des Films auch nur zwei Menschen zu sehen sind. Die sind zwar beide Soldaten, der eine jedoch ist Amerikaner, der andere gehört zu einer nicht genannten afrikanischen Armee. Zur Zusammenarbeit sind sie mehr oder weniger gezwungen und nähern sich einander nur langsam. Ruhig sind auch Kamera und Schnitt. Das funktioniert wunderbar, denn hier haben wir wieder die klassischen schlurfenden Untoten vor uns, nicht die Flitzer, die in modernen Zombiefilmen so beliebt sind (mit denen ich auch kein prinzipielles Problem habe). Es gelingt den Ford-Brüdern dabei wunderbar, eine bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen, und das in einem ungewöhnlich Setting. Die afrikanischen Landschaften sind stark in Szene gesetzt, und kombiniert mit zwar relativ wenigen, aber sehr gut gemachten Splattersequenzen erinnert der Film mit seinen Bildern an das, was man z.B. 1994 aus Ruanda zu sehen bekam.

Hungerford (Hungerford, Drew Casson, 2014)
Hungerford ist kein klassischer Zombiefilm, es geht hier nicht um Untote, sondern um von Außerirdischen „besessene“ Menschen, die sich aber ähnlich wie Zombies verhalten. Darum kann ich ihn guten Gewissens hier mit listen, zumal er ein kleines Wunder darstellt. Gedreht wurde Hungerford vom damals gerade 19-jährigen Drew Casson, dessen Budget erkennbar klein gewesen ist. Das merkt man an einigen SFX, aber auch daran, dass hier der Found-Footage-Ansatz gewählt wird, um gewisse Unzulänglichkeiten des Arbeitsmaterials zu kaschieren. Trotz dieser schlechten Ausgangsvoraussetzungen ist Casson aber ein wirklich toller Beitrag gelungen. Er macht aus der Not eine Tugend, und so sehen wir in seinem Film Figuren, die mehr sind als die reinen Abziehbilder, die man aus anderen Horrorfilmen gewohnt ist. Nicht zuletzt dadurch ist der Film wirklich spannend geraten. Das ist umso beachtlicher, als dass man keinen der Darsteller kennt. Ein echter Geheimtipp für alle, bei denen es nicht immer eine Hochglanzproduktion sein muss.

Zombieland (Zombieland, Ruben Fleischer, 2009)
Zombieland ist technisch gesehen das genaue Gegenteil von Hungerford. Der Film ist perfekt produziert, Geld hat hier wohl keine Rolle gespielt. So sind natürlich die Effekt prima, und auch die Besetzung ist wirklich prominent. Ich denke, dass jeder der das Genre nicht gerade hasst den Film bereits gesehen hat und ich daher niemanden mehr erklären muss, wie gelungen die Gags sind oder wie toll der Cameo-Auftritt von Bill Murray (der bei mir dazu geführt hat, dass ich mich immer wieder wundere, ihn in neueren Filmen zu sehen, obwohl er doch tot ist). Ich mag den Stil des Films, der immer wieder die Vierte Wand durchbricht, ich mag es, dass alle Figuren namenlos bleiben bzw. nur nach ihrer Herkunft bezeichnet werden. Ich finde die Chemie zwischen den Darstellern wirkt extrem überzeugend und Murray, Harrelson, Stone und Eisenberg sind sowieso Schauspieler, die ich sehr gerne sehe. Leider ist in meinen Augen die Fortsetzung deutlich weniger gelungen. Sie wird daher eher nicht in den ersten fünfzig Nennungen auftauchen.

Rising Up: The Story of the Zombie Rights Movement (Rising Up: The Story of the Zombie Rights Movement, Laura Moss, 2009)
Dieser Kurzfilm (28 Minuten) ist ein Mockumentary, der im Stile einer typischen amerikanischen Doku erzählt, wie Amerika von Zombies heimgesucht wird, diese aber von Zombierechtsaktivisten als gleichwertige „Lebewesen“ betrachtet werden. Darum versucht die National Allied Zombie Initiative (N.A.Z.I.), die Untoten in die Gesellschaft zu integrieren. Begonnen hat die Bewegung natürlich in Pittsburgh. Es werden diverse Mitglieder des Movements interviewt, und da die Anfänge des Movements in den Sechzigern liegen, erinnert das ganze an die realen Kämpfe um Bürgerrechte für Schwarze (ohne jemals auch nur ansatzweise so zu wirken, als wolle man damit Schwarze verunglimpfen). Wir sehen also zum Beispiel Aktivisten, denen rückblickend ein paar Drogen weniger wahrscheinlich ganz gut getan hätten, einen Musiker, der den Bob Dylan dieses alternativen Amerika darstellt und der in dessen typischer Manier „even the dead can bleed red, white and blue“ singt, wir sehen Politiker, die auf den Zug aufsprangen. Neben den Interviews gibt es immer wieder „historische“ Aufnahmen zu sehen von Demos und besonders von einen Zombie namens Chocolate Chip, der ein tragischer Held der Bewegung wurde. Das ganze ist extrem witzig, ohne albern zu sein, origineller als die meisten anderen Zombiefilme und zu Recht mehrfach ausgezeichnet. Ein absolutes must-see. Wer jetzt Lust bekommen hat, klicke hier. Und gerne würde ich hier im Thread lesen, ob euch der Film auch so viel Spaß gemacht hat wie mir.

zuletzt geändert von motoerwolf

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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame