Antwort auf: The Beatles – White Album

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wahr

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krautathausWieso soll der Produktionshintergrund mit all seinen Finessen eigentlich das Stück für mein Empfinden besser machen? Das Stück verändert sich nicht, nur erfahre ich mehr darüber.

Dieses Mehr, das man erfährt, kann ein Stück für einen selbst besser oder schlechter machen oder ohne Effekt bleiben. Ich verstehe nur nicht, warum ein absichtliches Ausblenden des Hintergrunds zu einer irgendwie vorteilhafteren oder vorurteilsunbelasteteren Bewertung beitragen soll. Abgesehen davon, dass dieses absichtliche Ausblenden eine Illusion ist, glaube ich. Am Ende schreibt doch jedes Stück Musik zusammen mit dem Hörer eine Geschichte, dessen Ausgang nie klar ist. Man hört etwas, hat eben einen Stand der Information (und man hat immer einen Stand der Information, nicht unbedingt zum Stück selber, aber den Stand der eigenen kulturellen Prägung – meine ich ganz wertfrei), und beurteilt dann bzw. lässt das Stück einwirken. Vielleicht kommen Informationen/Erlebnisse dazu – persönliche oder das Stück betreffende – die irgendwas zwischen großer und gar keiner Wirkung auf die Rezeption haben. Es ist nicht besser, mehr Hintergrundinformationen zu haben, aber auch nicht schlechter. Es kann einen voranbringen oder von der Musik abstoßen. Deswegen verstehe ich ja nicht, warum es laut ediski „wenig Sinn hat, solche Infos generell in die Bewertung der Musik einfließen zu lassen, da schließlich nicht zu jeder Band oder jedem Album weiterführende Informationen zur Verfügung stehen“. Das würde ich schon als Versuch werten, sich absichtlich Informationen vorzuenthalten (oder zu glauben, man könnte sie irgendwie vergessen, falls man sie besitzt), um irgendwie dadurch zu objektiveren Vergleichen zwischen Musiken zu gelangen. Die Musik selber ist aber ja auch in kulturellen Zusammenhängen entstanden. Eine 70er-Prog-Gedächtnisband ist eben auch höchstwahrscheinlich vom ganzen 70er-Prog-Historien-Kram beeinflussst. Warum soll man jetzt sein eigenes Wissen darüber über Bord werfen, um eine Musik zu beurteilen, die viel Wissen über 70er-Prog schon in sich trägt? Es ist eben alles stark miteinander verwoben: Die Musik und deren Entstehung, der Hörer und seine Prägungen. Ein für mich nicht zu trennendes, sich ständig in Dynamik befindliches Geflecht.