Antwort auf: Jack DeJohnette

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vorgarten

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nächste runde special edition, die über ricky schultzs kleines zebra-label bei der talente-scountenden mca gelandet ist. die besetzung ergibt auf den ersten blick keinen sinn: 3 herren aus den jahrgängen 1942, 44 und 45, allerdings nicht aus gemeinsamer nachbarschaft, treffen auf drei 20 jahre jüngere musiker, die gerade erst an ihren debütalben basteln (osby für jmt, thomas für enja, plaxico 3 jahre später für muse). osby spielt allerdings schon seit ein paar jahren in der live-formation, bringt thomas und vasconcelos mit, während goodrick und dejohnette ja schon eine gemeinsame geschichte haben, die sich „directions“ nannte.

das album ist irre, schwer zu verdauen, fantastisch oft, aber mit den vorherigen sachen nicht zu vergleichen. der frühe digitale kälte-mix setzt auf effekte, macht da irgendwas aus den drums, auf dass sie wie geschosse klingen, stapelt alles in der mitte zusammen, auch das artifizielle grand piano, die drum computer, den synth, die gitarre, vasconcelos‘ kleines schlagwerk, einen fetten e-bass, so dass man fast denken könnte, eine mono-aufnahme zu hören, käme nicht von links die shakuhachi von thomas und von rechts das chirurgisch schneidende altsax von osby herein. die kompositionen sind überkandidelt, wollen das durcheinander abbilden und in szene setzen, und schaffen das auch, so dass immer wieder was wegsackt und was neues plötzlich aufblitzt. zum durchatmen kommen ein paar percussion- und vokalisationseinlagen von vasconcelos, am besten aber funktioniert das klassische special-edition-material, verzögerte explosionen im thema, dann ein heißer schneller swing und die powersoli der saxofonisten – und da lassen sich thomas und osby einiges einfallen, das niemals saxofonklischees evoziert.

großartig und offensichtlich sehr inspirierend für den leader ist die einheit mit dem neuen bassisten, lonnie plaxico, der als einziger der jüngeren schon einige erfahrungen hat (jazz messengers, die blanchard/harrison-band, aber auch david murray und die debütalben von steve coleman und cassandra wilson) – er spielt einen unglaublich druckvollen walking bass und auch die elektrische variante ist bei ihm nicht von schlechten eltern. toll finde ich aber auch mick goodrick, der auf zurückhaltende art immer das richtige anbietet, mit vielen tollen, völlig sicher integrierten sounds, luftig, jubilierend, harmonisch komplex, dann wieder ganz funktional.

verrücktes zeug in schnellem wechsel, mal klingt die musik wie ein sportsendungs-jingle, dann wieder wie ein zusammenstürzender gletscher, manchmal kitschig, manchmal glatt, manchmal überraschend komplex und auf eigenartige weise emotional, weil es ja eben doch sechs einzigartige stimmen sind, die sich unter den sounds nicht begraben lassen. ein quantensprung von dejohnette, allerdings in eine richtung, die ich nicht erwartet hätte.

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