Antwort auf: Genesis

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pelo_ponnes

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wolfgang

punchlineJens Balzer beschäftigt sich in seiner Serie „Die meistunterschätzten Alben aller Zeiten“ heute mit Genesis – „Abacab“. https://www.rollingstone.de/genesis-abacab-unterschaetzte-alben-2033543/

Dünner Klang, roboterisierte Keyboards, die erste klebrige Ballade von Phil Collins – und dennoch ein erstaunlich schlüssiges Pop-Album.

So kann man es auch beschreiben. Ich kann mich verschwommen erinnern: Zu jener Zeit habe ich einen völlig unterforderten grinsenden Mike Rutherford (obwohl ich den ja eigentlich mag) gesehen während eines TV-Auftritts mit dem Titelsong (Irgend eine Gameshow mit Gottschalk, vielleicht „Wetten das“) erlebt. Pop als Geldmaschine ohne viel Arbeit?

Für den Altfan ist es traurig, was damals aus „Genesis“ geworden war. Vom künstlerisch anspruchsvollen Act zu einer musikalisch völlig belanglosen Gelddruckmaschine.

Vielleicht sollten die „Altfans“ diese Haltung mal überdenken? Ich finde zum Bsp, dass viele Achtziger-Jahre-Songs von Genesis durchaus künstlerisch anspruchsvoll sind, nur auf eine andere Weise: Der Titelsong des genannten Albums, Mama, Land Of Confusion usw werden oft in einem völlig falschen Licht gesehen. Prog Fans im engeren Sinne scheinen künstlerischen Anspruch nur darüber definieren zu können, ob man das virtuose Potential eines Instrumentalisten ausschöpft oder ob die Songstrukturen Soloteile, vertrackte Rhythmen etc aufweisen. Ein robotorisierter Beat mag den Virtuosen unterfordern, aber sieht man es vom Songwriting aus, kann die Entscheidung dafür sehr wohl künstlerisch wertvoll sein. Ich weiss es von meinen Lieblingsgruppen, wieviele Tage da oft nur an einem bestimmten Keyboardsound herumgebastelt wurde. Der mag einfach zu spielen oder vielleicht sogar pre-set sein, aber der entscheidende Punkt ist, dass er im Kontext des Songs oder der Produktion ein Mosaiksteinchen bildet, das dazu beiträgt, dass das Ergebnis nicht Massenware ist. Prog Fans lachen bestimmt über You Win Again von den Bee Gees, aber zu Unrecht, weil es eine sehr clevere Version eines Achtziger-Melodie-Pop-Songs ist. Die Bee Gees bestanden ja auf dem seltsamen Drumsound, und das ist so ein Bsp für eine künstlerisch anspruchsvolle Entscheidung, denn sie hebt den Song auf ein anderes Level.

Aber reine Progfans werden das wohl nie verstehen. Ich mag alle Äras von Genesis, und finde nicht, dass die frühen Genesis künstlerisch wertvoller sind als die späten. Sie haben sich nur in anderen Disziplinen versucht, aber jeweils durchaus mit hohem Anspruch.

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