Antwort auf: ctte gibt Senf dazu – VÖ-Betrachtungen mit leichtem Prog-Überhang

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No. 4 vom 11.1.21 Neujahrsansprache

Mit neuen Alben ist dieser Tage ja nicht so viel. Umso mehr Gelegenheit steht mir zur Verfügung, um Dinge zu kommentieren. Ich habe mich noch über das Resultat der Jahreswertung zu beschweren, hole dann einen kleinen Island-Exkurs nach, und kommentiere schließlich ein Rührstück, das sich an anderer Stelle im Forum abspielt.

Es wird einsam in diesem Forum, wenn ich in der Konsensliste Platz 71 von 85 eingereichten Listen lande, und ich inzwischen sogar schon der allerletzte User bin, der noch Katatonia votet. Dass ich letztes Jahr Soen, Klone und This Winter Machine exklusiv in der Liste hatte, war nicht erstaunlich. Die kennt eben sonst niemand. Aber inzwischen tauchen selbst die schwedischen Schwergewichte Pain of Salvation und Katatonia in weiteren 84 Listen nicht ein einziges Mal auf. Hä? Wo bin ich denn hier? Der Jahressieger ermüdet mich auch, wenngleich ich darauf vorbereitet war. Und meine Befürchtung für 2021 ist ein Album von Billie Eilish mit 728 Punkten bei 61 Nennungen in dann 83 Listen.

Dabei hatte Katatonia noch rechtzeitig „Dead Air“ nachgeschoben, ein fulminantes Live im Studio-Album mit großartigen Versionen auch der neuen Songs. Außer ein paar üblichen Verdächtigen (Teargas) ein tolles 90-minütiges Set mit viel Raum für kreative und sessionmäßige Spielereien, die die Schwere der Band ungefähr so aufzubrechen vermochten, wie das Akustik-Programm nach Dead End Kings.

Ziehen wir nord-nordwestlich. Sparch hatte mit seinem Album des Jahres für reichlich Eruption in meiner Liste gesorgt. Am 27.12. stieß ich auf Katla, ein isländisches Duo mit Querverweisen zu Solstafir, die mich auch im November beeindruckt hatte, wenn auch nicht auf Albumlänge. Da wechseln sich nämlich Sachen, die wie Garagen Demos von Anfängern klingen, mit meisterhaften Werken ab, die tief unter die Haut gehen. Mal scheppert ein billig klingendes Schlagzeug mit überforderten Tonabnehmern schauerlich durch den Song, dann erklingt ein wunderbares Glockenspiel in einer traumhaft schönen streichergetragenen Ballade mit märchenhaften Applikationen.. Die isländischen Vocals  des Sängers klingen übrigens wie unbeholfenes Osteuropäisch, was das Gesamtbild ziemlich einzigartig werden lässt.

Aber zurück zu Katla. Gepackt hatte die Platte mich schnell, als Eingang nutzte ich den 11- und den 14-Minüter am Ende, die ich gut 5 Mal durch nahm, bevor ich das Album am Stück hörte. Sehr geil, diese wunderbar produzierten Songs ohne einen Ausfall. Alles fügt sich organisch zusammen, auch symphonische Passagen mit brachialem Metal und wieder zurück. Die Songs atmen und der Hörer hält den Atem an.

Keine Ahnung, ob ich dem Werk mit Platz 4 gerecht geworden bin. Für eine ausreichende Reflektion war die Zeit zu kurz. Man muss ja auch darauf achten, dass vor Begeisterung nicht überschießt.

Jetzt zu dem Rührstück. Auch als Skandal bezeichnet. Ich hätte ja statt „You can´t always get what you want“ einfach „Last Chrismas“ ausgewählt, um die letzte Sendung abzurunden, die aber auch so etwas Legendäres bekommen hat, worum es ja wohl geht. Der Thread mutet nämlich an wie eine Heilige Messe. Mich erheitert das sehr. Und es erinnert mich an die aufregenste Debatte ever, die ich in diesem Forum erleben durfte. Vor rund 12 Jahren war das. Dass nun mitten im Gottesdienst die Schäflein den Austausch digitaler Einheiten organisieren, erfüllt eigentlich den Tatbestand des 166 StGB. Aber wenn der Staatsanwalt nicht eingreift, dann vielleicht die GEMA.

Jo, mehr weis ich grad nicht. Als kleinen Tipp noch das von InsideOut vertriebene Artbook „13 Winters“ von Frost. 8 CDs mit den 3 Alben und reichlich Bonus einer Band, die in keine Schublade passt. Einerseits könnte man Prog goes Airplay vermuten, dann wird dieser Weg aber doch mit verstörenden Elementen durchbrochen, die es jedem potentiellen Hörer schwer machen, Frost vorbehaltlos zu mögen. Die wollen aber wohl auch nicht gemocht werden.

Ach noch was, für Live in Tilburg geht natürlich die klare Kaufempfehlung raus. Riverside klingen hier natürlich roher als im Studio, und die Titelliste ist nicht gerade die von mir gewünschte (vor allem aus „Time Machine“ spielen sie einfach die falschen Songs), aber die VÖ dieses Konzertes ist trotzdem ein Geschenk.

So, bin weg.

 

 

 

 

 

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