Antwort auf: Jack DeJohnette

#11323853  | PERMALINK

vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

Beiträge: 11,966

1982 aufgenommen, 1983 erschienen. diesmal fliegt kongshaug wirklich nach new york, um die band von der straße direkt ins studio zu bewegen, scheint es. das ergebnis ist hinreißend: kristalliner straßendreck, graffitis in hi-fi, ein (ich denke) ordentlich bezahlter „inflation blues“, in dem der leader die anklage gegen die soziale immobilität in einen klanglich fein ausbalancierten reggae-song packt.

das programm der band ändert sich hier, keine reminiszenzen mehr, wir hören eine sehr gegenwärtige schwarze band, durch die die aktuellen, aber natürlich voraussetzungsvollen, musikalischen einflüsse hindurch laufen: fire music, swing, impressionistische klassik, bossa nova, calypso – und eben, reggae. das ganze amalgam fließt durch die holz- und blechblasinstrumente, manchmal auch verdoppelt, und landet am ende auf den sauberen spuren des norwegischen tonmeisters, dem keine der vielen feinheiten entgeht. ich muss das wirklich festhalten, da mein ersthörgang gerade sich auf eine original-pressung verlassen konnte, wie toll das eigentlich ist: ein so vielfältig informiertes baritonsaxofon wie das von purcell hier mit all seinem klangreichtum und seiner materialität wirklich knarzen zu hören. new yorker straßenmusik klang selten so gut und so bei sich.

zur eigentlichen musik: opener und closer setzen einen rahmen – aus dem impressionistisch angeblasenen holz schält sich ein freier swing, vom neuen bassisten rufus reid (der ist in der tat eigenartig) mit singendem ton vorangetrieben, zu denen ein paar frei improvisierte impulse kommen – im closer dann umgekehhrt, freier swing, kollektivimprovisation, dann atmet das aus, am ende buchstäblich. „ebony“ ist der bossa-nova, der aber eigenartig mit marschryhthmen flirtet, die wohl komplexeste komposition hier. der opener von seite 2 ist dagegen keine komposition, sondern nur ein groove (bzw. eine liebesbeziehung: kongshaug und die sounds von dejohnettes hauptinstrument). dann kommt der reggae, dejohnette singt, ein clavinet setzt den sound, die bläser nutzen die vorlage nicht (wie auf dem ganzen album: nirgends!) für ein spektakuläres solo oder dergleichen. als gast ist baikida carroll dabei, st. louis, black artist group, hochschullehrer, loft-gestählt, straßenweise. die wissen alle so gut, wovon sie hier spielen. hat mir großen spaß gemacht.

--