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Wie versprochen noch ein Versuch, die Flut an Tonträgern etwas zu gruppieren und zu kommentieren. In Sternen ist es so, dass die erste Gruppe jeweils ****1/2 kriegt, die nächste **** etc. – Abweichungen sind markiert.
: : ORCHESTER & KONZERTANT : :
Patricia Kopatchinskaja/Gioanni Antonini/Il Giardino Armonico – What’s Next Vivaldi?
Patricia Kopatchinskaja/Sol Gabetta/Francisco Coll/Camerata Bern – Plaisirs illuminés: Veress, Ginastera, Coll
Alina Ibragimova/State Academy Symphony Orchestra of Russia „Evgeny Svetlanov“/Vladimir Jurowski – Shostakovich: Violin Concertos
Kammerorchester Basel, / Heinz Holliger – Schubert: Symphonies Nos. 4 & 6
Andreas Haefliger/Helsinki Philharmonic Orchestra/Susanna Mälkki – Amman, Ravel, Bartók: Piano Concertos
Berner Symphonieorchester/Ton Koopman – Haydn: The Seven Last Words
Augustin Hadelich – Bohemian Tales: Dvorák, Suk, Janácek
Isabelle Faust/Swedish Radio Symphony Orchestra/Daniel Harding – Schönberg: Violin Concerto/Verklärte Nacht
Chouchanne Siranossian/Venice Baroque Orchestra/Andrea Marcon – Tartini: Violin Concertos
Eric Hoeprich/Orchestra of the Eighteenth Century/Guy Van Waas – Weber: The Clarinet Concertos
Evgeny Sviridov/Millenium Orchestra – Tartini: Violin Concertos
Giuliano Carmignola/Mario Brunello/Accademia dell’Annunciata/Riccardo Doni – Bach/Vivaldi: Sonata in Ottava – Double Concertos for violin and violoncello piccolo
Philharmonisches Orchester Altenburg Gera/Laurent Wagner/Elisaveta Blumina/Konzertchor Rutheneum – Mieczyslaw Weinberg
Kristian Bezuidenhout/Freiburger Barockorchester/Pablo Heras-Casado – Beethoven: Piano Concertos #2
Kristian Bezuidenhout/Freiburger Barockorchester/Pablo Heras-Casado – Beethoven: Piano Concertos #1
Tonhalle-Orchester Zürich/Paavo Järvi – Tchaikovsky: Symphony No. 5/Francesca da Rimini
Leila Schayegh/La Cetra Barockorchester Basel – Leclair: Concerti per violino Opp. 7 & 10 Nos. 1 & 3
Andrew Haveron/Sinfonia of London Chamber Ensemble/RTÉ Concert Orchestra/John Wilson – Korngold: Violin Concerto, String Sextet
Julien Chauvin/Le Concert de la Loge – Vivaldi: Concerti per violino VIII ‚Il teatro‘
Il Giardino Armonico/Giovanni Antonini – Haydn 2032, No. 8: La Roxolana
Orchestra La Scintilla/Riccardo Minasi – Vivaldi/Verdi: The Four Seasons
Barbara Hannigan/Ludwig Orchestra – La Passione
Giovanni Antonini/Il Giardino Armonico – Vivaldi: Concerti per flauto
Swiss Orchestra/Lena-Lisa Wüstendorfer – Raff: Traumkönig und sein Lieb/Walter: Sinfonie Es-Dur
Various – A Tribute to Ysaÿe
Daniel Hope – Belle Epoque
Freiburger Barockorchester/Zürcher Sing-Akademie/Pablo Heras-Casado – Beethoven: Symphony No. 9/Choral Fantasy
Roberto Loreggian/L’Arte dell’Arco/Federico Guglielmo – Platti: Harpsichord Concertos/Violin Concerto
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Reine Orchestermusik ist bei mir bekanntlich ja eher nicht die Königsdisziplin, jedenfalls nicht beim Musikhören in den eigenen vier Wänden. So ausführlich wird die Liste hier aber, weil konzertante Musik (die Teils auch in die Kammermusik-Kategorie passte) hier auch berücksichtigt wurde. Umwerfend mal wieder die zwei Kopatchinskaja CDs, sei es mit der Camerata Bern (bei der sie momentan die künstlerische Leitung innehat) oder mit Il Giardino Armonico/Giovanni Antonini. Letzterer hat auch eine CD mit Flötenkonzerten (gespielt an der Blockflöte) von Vivaldi vorgelegt, die ebenfalls schön ist, sofern man an sowas Gefallen findet (bei mir ist das mit gewissen Einschränkungen bzw. nicht allzu oft schon der Fall).
Sehr toll dann die Einspielung der Violinkonzerte von Schostakowitsch durch Alina Ibragimova – und die CD eine Erinnerung an die Tage vor der Pandemie … noch beeindruckender (durchaus im Fünf-Sterne-Gebiet) das Klavierkonzert von Dieter Ammann in der Ersteinspielung durch Andreas Häfliger – leider etwas fragwürdig mit Allzubekanntem gekoppelt, was dann auch weniger zwingend dargeboten wird, daher etwas Abzug.
Sehr gefreut haben mich die Tartini-CDs – denn 2020 war auch dessen Jahr, obwohl das halt kaum interessiert. Chouchane Siranossian (und ihre Schwester Astrig, siehe Kammermusik) sind Entdeckungen dieses Jahres, von denen ich inzwischen auch frühere Aufnahmen angeschafft habe. Sviridov ist ebenfalls sehr gut, und Überschneidungen wurden vermieden (auf der CD von Siranossian findet sich ein Konzert, das auch Joseph Szigeti schon gespielt hat.
Die CD von Hadelich enthält Dvoráks Violinkonzert sowie Kammermusik von den drei Komponisten. Hadelich wäre im Juni hier aufgetreten, ich wäre dann aber im Urlaub gewesen … nunja, es kam anders, auf die Gelegenheit, diesen inzwischen hochgeschätzten Geiger mal im Konzert zu hören, muss ich also noch warten. Isabelle Faust dafür hörte ich schon einige Male, und fast immer war ich begeistert – auch von ihrer Schönberg-CD bin ich sehr angetan (sie taucht unten auch nochmal auf).
Dann war auch Eric Hoeprich mit Musik (v.a.) von Weber eine wunderbare Entdeckung – auch er kommt in der Kammermusik erneut vor. Und erwähnenswert ist auch die Reihe mit Violinkonzerten von Leclair, die wie Hoeprich bei Glossa erscheint. Leyla Schayegh ist eine in der Schweiz aktive Geigerin, die ich leider noch nie im Konzert hören konnte. Eine feine CD von Alexandre Tharaud mit drei zeitgenössischen Klavierkonzerten folgt dann in der Kategorie „Zeitgenössisches“ (wo die Ammann-CD bei sinnvollerer Kopplung auch gelandet wäre).
In Sachen Orchester, ohne Solo-Instrument: Holliger, Schubert! Inzwischen ist da noch eine CD erschienen, auf die ich noch warte … meine Karte für die Schubert-Feyer mit Holliger, Gerhaher und dem Kammerorchester Basel verfiel leider. Das Konzert wurde zwar nachgeholt, aber da ich nicht individualmotorisiert bin, liess ich es unter den Umständen bleiben (an sich müsste man da so Dinge wie mit dem Fahrrad nach Basel und in der Nacht wieder heim machen … aber ich würde wohl auf halber Strecke umkippen).
Immer erfreulich finde ich es, wenn von Haydn 2032 eine neue Folge erscheint – bis 2032 will Giovanni Antonini (der hier auch beim Tonhalle-Orchster geschätzt wird) abwechselnd mit Il Giardino Armonico und dem Kammerochester Basel die gesamten Symphonien von Haydn herausbringen. Inzwischen sind wir immerhin schon bei Vol. 8 angekommen. Barbara Hannigan hat auf ihrer CD „La passione“ die Haydn-Symphonie mit demselben Übertitel ebenfalls eingespielt – aber sie erreicht nicht die Klarheit von Antonini, nicht das spitze Spiel (das das KOB aber auch nicht so gut beherrscht wie Il Giardino Armonico). Ganz wunderbar finde ich hingegen, das erwähnte ich ja hier und bei StoneFM schon, die Aufnahme, die das Berner Sinfonieorchester unter Ton Koopman von „Die sieben letzten Worte“ herausgebracht hat.
Für die erste Tschaikowsky-CD vom Tonhalle-Orchester gibt es vier Sterne – was mit der Einspielung nichts zu tun hat, eher mit meiner nicht ganz so grossen Begeisterung für Tschaikowsky, den mir die Konzert allerdings schon etwas näher bringen konnte (ic hörte Nr. 2 und 4-6), gerade weil Järvi einen völlig unsentimentalen Zugriff pflegt.
Eine schöne Sache ist auch die erste CD vom Swiss Orchestra. Auch da warte ich noch auf ein Konzert – zwei wären geplant gewesen, eins davon mit Holliger (bei dem ich schon seit ein paar jede Chance nutze, aber 2020 hat es halt unter den Umständen nicht geklappt). Gegründet wurde das Orchester von der Dirigentin Lena-Lisa Wüstendorfer, es ist dem Ausgaben von Schweizer Repertoire vor allem des 19. Jahrhunderts gewidmet, die erste CD ist ganz schön geworden, aber klar, die ganz grossen Meisterwerke werden da wohl eher nicht gefunden – aber ich bleibe wohlwollend dran (und hatte mich bei der CD auch am Crowdfunding beteiligt und damit deutlich mehr bezahlt, als üblich).
Dass die Vivaldi-Reihe von Naïve seit einiger Zeit wieder fortgesetzt wird, freut mich sehr. Die CD von Chauvin ist toll – aber das ganz grosse Lieblingsrepertoire ist das auch nicht. Vivaldi hat auch das Alte-Musik Ensemble des Opernhauses Zürich, La Scintilla, aufgenommen – die Jahreszeiten halt, einmal mehr … aber gekoppelt mit einer schönen Suite von Orchesterstücken von Verdi, aus denen ich auch mal was bei StoneFM hatte spielen wollen, aber dann nicht mehr untergebracht kriegte.
Dann das Beethoven-Jahr … die Konzerte in der Einspielung von Kristian Bezuidenhout sind Ohröffner, keine Frage. Aber die Freiburger unter Heras-Casado finde ich nicht immer so toll (besonders nicht bei der ruppigen Aufnahme der 9. Symphonie, wo ich aber den Chor besonders loben möchte). Am schönsten ist Klavierkonzert Nr. 4, aber die CD ist mit Ouvertüren aufgefüllt, das gibt in Sternen halt Abzug … die erste CD der Reihe, mit den Konzerten Nr. 2 und Nr. 5, finde ich weniger zwingend. Sehr schön dafür die Choralfantasie in der neuen Einspielung (auf einer zweiten CD – ohne Füller – der Neunten beigegeben).
Was fehlt noch? Die Ysaÿe-Box z.B., die recht gute Einspielungen von dessen Werken enthält – aber mit Standard-Repertoire gefüllt wurde, das in zahlreichen besseren Versionen vorliegt … eine seltsame Überlegung. Die Box gehört zudem ebenso unter Kammermusik, aber ich liste sie mal hier.
Mario Brunello hat mit Giuliano Carmignola zudem eine schöne CD mit Bach und Vivaldi herausgebracht – auch Brunello ist eine Entdeckung des Jahres, mehr von ihm in der Kammermusik-Liste.
Die Konzerte von Platti sind nett aber auch harmlos – ist das irgendwie eine Art Gesamtfazit zu dem Bemühungen umd seltenes Repertoire von cpo, zumindest wenn es ums 18. und 19. geht? Vielleicht unfair, aber ich bin da wohl nicht das Zielpublikum. von Platti darf aber gerne noch das eine oder andere dazukommen (die CD mit den Konzerten ist meine dritte und wohl diejenige, die ich bisher am schwächsten finde, die anderen kriegen wohl einen halben oder ganzen Stern mehr).
Und da ist natürlich noch Weinberg – um den cpo sich ja auch sehr bemüht, was ich dem Label wiederum sehr hoch anrechne! Die neue CD von Altenburg/Gera präsentiert die sechste Symphonie, die drei Passagen für Knabenchor enthält – auch das kein Territorium, auf dem ich mich natürlicherweise wohlfühle, aber das ist schon ein beeindruckendes Werk. Als (nicht nur) Füller gibt es dann noch etwas Klaviermusik mit Elizaveta Blumina, die ja bei cpo auch schon einiges an Weinberg gemacht hat.
Dann noch Korngold – die Aufführung seiner Oper „Die tote Stadt“ an der Scala gehörte ja zu meinen 2019er-Highlights … das Violinkonzert gefällt mir in dieser neuen Einspielung sehr, sehr gut. Das Streichsextett hinterliess bisher jedoch nur wenig Eindruck. Ähnlich verhält es sich mit der „Belle Epoque“ Doppel-CD des Zürcher Kammerorchesters, bei dem ich lauwarm bleibe (was nicht ganz heisse Begegnungen im Konzert ausschliesst, z.B. letztes Jahr mit Buchbinder, aber auch schon mit Faust, Norrington, Altstaedt/Hope …). Die nächste CD „Serenades“ ist ja bereits angekündigt, die werde ich wohl auslassen …
So, und wenn das so ausführlich wird, erstelle ich wohl pro Kategorie einen eigenen Post, sonst werde ich nie fertig, oder drücke unterwegs mal unbedacht auf Refresh …
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba