Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

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herr-rossi
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bullschuetz
Ich hege die (vielleicht naive) Hoffnung, dass man in der heutigen Zeit quer stehend wirkende Worte oder Passagen aus älteren Texten (z. B. Jim Knopf oder Kleist Hochzeit in Santo Domino) nicht tilgen muss, um Irritationspotentiale zu entsorgen, sondern dass man genau diese Irritationspotentiale zulassen und produktiv nutzen kann, um bei der Lektüre (zum Beispiel in der Schule) im Idealfall nebenbei das Geschichtsbewusstsein zu schaerfen.

Ich bin Historiker, selbstverständlich meine ich auch, dass Heranwachsende und Erwachsene in der Lage sein müssen, historische Texte als solche zu lesen und zu beurteilen. Aber Lektüre fürs Vorschulalter ist eine andere Kategorie.

Es geht konkret um die Verwendung von Jim Knopf als Vorleselektüre für den Kindergarten. In der Schule kann man mit Fußnoten oder Erläuterungen arbeiten, da kann man bei der Lektüre die „fourth wall“ durchbrechen und über den Text sprechen. Aber probier das mal mit 5-jährigen … Ich sehe es auch so, dass Jim Knopf weiterhin beste Vorleselektüre ist (habe beide Bände auch selber gerne vorgelesen) und auf unangestrengte Weise lehrreich. Und ich finde Deine Lesart der „Stelle“ auch nachvollziehbar, aber wie gesagt: es geht hier um die Rezipientengruppe Kindergartenkinder. Wenn auf der ersten Seite eines Vorlesebuchs für den Kindergarten das Wort „ficken“ stünde, dann wäre das Hallo aber groß. Dabei ist das ein ehrenwertes altes deutsches Wort!

Michael Ende hat selbst in den Text eingegriffen, als er „China“ nachträglich in „Mandala“ umtaufte. Hat er da auch mangelndes Geschichtsbewusstsein bewiesen?

Ich finde es auch eine pragmatische und vertretbare Lösung, dass man aus dem „Negerkönig“ bei Astrid Lindgren einen „Südseekönig“ gemacht hat.

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